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Thema Alzheimer Krankheit – Betroffene und Angehörige im Ausnahmezustand

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Wenn ein älterer Mensch feststellt, dass mit seinem Gedächtnis etwas nicht stimmt, kann dies schnell in eine emotionale Krisensituation führen. Menschen mit Alzheimer versuchen häufig, ihre geistigen Defizite zu verbergen oder zu vertuschen, weil sie sich dafür schämen. Dies auch aus dem Grund, weil Familienangehörige, Verwandte und Freunde nicht damit umzugehen wissen. Es wird mit Kontrollfragen wie „Weißt du noch, wer ich bin?“ oder mit gutgemeinten Hinweisen oder Korrekturen auf offensichtliche Missverständnisse, Fehler und Fehlverhalten reagiert. Erkrankte werden fast so behandelt, als wären sie wieder ein Kind und fühlen sich in ihrer Würde herabgesetzt. Es wird ihnen unbewusst durch die Angehörigen vor Augen geführt, was sie alles nicht mehr wissen oder können. Um jetzt noch Würde und Stolz nicht ganz zu verlieren, verbergen Betroffene ihre Defizite.

Wer sich jedoch ein wenig mit Alzheimer und Demenzerkrankungen im Allgemein beschäftigt, wird feststellen, dass das eigene Verhalten überdacht werden sollte. Vielmehr sollten Betroffene mehr Respekt sowie Unterstützung erfahren, was nur gelingen kann, wenn Angehörige sich mit dem Krankheitsbild und dessen Folgen detailliert vertraut machen.

 

Alzheimer, die Alters-Krankheit

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft schätzt, dass etwa 1,7 Millionen Menschen in Deutschland an einer Demenz leiden. Rund 60 % davon sind von der Alzheimer Krankheit betroffen. Im Jahr werden durchschnittlich 300.000 Neuerkrankungen registriert, was einen Tagesdurchschnitt von etwa 800 Demenzkranken ergibt. Diese Statistiken demonstrieren, wie weit Alzheimer verbreitet ist, wobei dank des demografischen Wandels und der damit steigenden Lebenserwartung bis zum Jahr 2050 mit drei Millionen Demenzkranken gerechnet wird. Demgegenüber steht fest, dass die mit einem massiven Zellschwund im Gehirn verbundene Alzheimer Krankheit bis heute nicht heilbar ist.

Die hirnorganische Krankheit ist nach dem Neurologen Alois Alzheimer benannt, der die Krankheit 1906 beschrieben hat. Als größter Risikofaktor für eine Erkrankung wird das Alter angegeben, da die Betroffenen nur sehr selten jünger als 60 Jahre alt sind. Festgestellt wird die Alzheimer Krankheit u.a. durch Amyloid-Plaques als typische Eiweißablagerungen im Gehirn. Bemerkbar macht sich die Krankheit allerdings durch den langsam und stetig fortschreitenden Untergang von Nervenzellen sowie Nervenzellenkontakten. Dies führt zu Störungen im Bezug auf Gedächtnisleistung, Orientierung, Sprache sowie des Urteilsvermögens und zu Persönlichkeitsveränderungen. Je nach Verlauf sind die Beeinträchtigungen unterschiedlich ausgeprägt. Sicher ist jedoch, dass die Krankheit kontinuierlich weiter fortschreitet.

Sensibles Frühstadium mit dem Wissen
einer Erkrankung

Im Frühstadium einer Alzheimer Erkrankung lässt häufig das Kurzzeitgedächtnis nach. Betroffene können Gesprächsinhalte nicht wiedergeben oder verlegen Schlüssel und andere Alltagsgegenstände. In Mitleidenschaft wird des Weiteren das Planungs- und Organisationsvermögen gezogen. Erste Störungen in Bezug auf Orientierung und Wortfindung treten auf. Zu diesem Zeitpunkt wird Betroffenen bewusst, dass sie etwas vergessen haben und sie zeigen sich verwirrt, dass andere Behauptungen aufstellen, an die sie keine Erinnerungen haben. Sie fühlen sich von etwas nicht Greifbarem bedroht und viele Situationen sind ihnen schlicht peinlich. Im Stadium der noch leichten Demenz reagieren Betroffene depressiv, abwehrend, aggressiv oder ziehen sich zurück. Sie ziehen eine imaginäre Mauer um sich herum und versuchen, diese möglichst lange aufrechtzuerhalten.

Im Anfangsstadium können Erkrankte ihre Aufgaben im Alltag noch selbstständig ausführen; wenn vielleicht auch verlangsamt. Nur bei komplizierten, organisatorischen oder bürokratischen Dingen sowie bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind sie auf Hilfe angewiesen. Ihre Fähigkeiten zur Beurteilung und Problemlösung sind zwar eingeschränkt, können jedoch noch kompensiert werden. In dieser Phase ist es besonders wichtig, dass Demenzkranke an allen Entscheidungen in Bezug auf Betreuung und Behandlung beteiligt werden. Auf emotionaler Ebene sind Betroffene von Geduld und Einfühlungsvermögen abhängig, um ihre Scham zu überwinden und aktiv nach Hilfe zu fragen.

Mittleres Stadium hebt selbstständige
Lebensführung auf

Im mittleren Krankheitsstadium erreicht die Alzheimer einen Grad, der die kognitiven Fähigkeiten so weit beeinflusst, dass Betroffene ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen können. Gedächtnis, Orientierungsfähigkeit und Denkvermögen sind so eingeschränkt, dass Betroffene bereits Hilfe bei einfachen Aufgaben benötigen. Dies betrifft zum Beispiel das Einkaufen, das Bedienen von Haushaltsgeräten, die Zubereitung von Mahlzeiten und auch die Körperpflege. Viele Erkrankte sind nur noch schwer zu verstehen, weil sie keine vollständigen Sätze mehr bilden können. Erinnerungen sind so weit verblasst, dass sie nicht mehr wissen, welchen Beruf sie erlernt, wen sie geheiratet haben, wie alt sie sind oder wie sie heißen.

Angehörige sollten in diesem Stadium wissen, dass Alzheimer-Kranke ihre Erkrankung jetzt selbst nicht mehr wahrnehmen. Sie fühlen sich jung, sind aktiv, wollen plötzlich wieder arbeiten gehen oder ihre längst verstorbenen Verwandten besuchen. Das Risiko von Unfällen und Notfällen steigt. Aber auch das Verhalten verändert sich, was für Familienmitglieder besonders belastend sein kann. Erkrankte sind unruhig und rastlos. Sie laufen ihren Angehörigen hinterher, stellen immer wieder die gleichen Fragen oder wollen einfach das Haus verlassen. Ihre Stimmung ist gereizt; manchmal aggressiv und sie leiden unter Wahnvorstellungen wie der Überzeugung, dass sie betrogen, bestohlen oder abgeschoben wurden. Diese Zustände erschweren es Angehörigen, mit Geduld und Respekt zu agieren. Es fehlt an der persönlichen Distanz, einem nahen Familienangehörigen die Dinge „nicht krumm zu nehmen“ und die Alzheimer Krankheit als solche – nämlich eine ernstzunehmende Krankheit – zu betrachten. Der Übeltäter befindet sich im Gehirn; nicht in der Person selbst.

Allerspätestens in der mittleren Demenz-Phase sollten Angehörige dringend darüber nachdenken, sich fachkundige Unterstützung und Hilfe zu besorgen. Bei einer 24 Stunden Betreuung zieht beispielsweise die jeweilige Betreuungskraft für die Dauer ihres Betreuungsauftrages mit in den Haushalt des Betroffenen ein. Diese lange Anwesenheitsdauer sorgt für ein hohes Maß an Sicherheit am Tag und in der Nacht. Dies, zumal die Betreuungskraft beispielsweise auch verschlossene Haustüren oder ausgestellte Küchengeräte kontrollieren kann und so das Unfallrisiko minimiert.

Im späten Alzheimer Stadium ein Pflegefall

Im fortgeschrittenen Stadium zeigt Morbus Alzheimer einen hochgradigen Abbau von Geist, Sprache und kognitiver Fähigkeiten. Betroffene sind teilnahmslos, sprechen nur noch wenige Wörter oder schweigen; sie verlieren ihre Kontrolle über Blase, Darm und Körperhaltung. Sie sind abhängig von fremder Hilfe, häufig an einen Rollstuhl gebunden oder komplett bettlägerig. Familienangehörige werden nicht mehr erkannt. Beide Seiten sind sich völlig fremd.

Gesundheitlich äußert sich das Spätstadium zusätzlich durch steife Glieder, Krampfanfälle und Schluckstörungen. Betroffene werden anfälliger für Infekte. Die häufigste Todesursache von Alzheimer Patienten ist fast immer eine Infektionskrankheit wie eine Lungenentzündung. Wie lange die einzelnen Krankheitsstadien andauern, kann nicht vorhergesagt werden. Im Durschnitt vergehen nach Stellung der Diagnose und dem Tod sieben bis zehn Jahre.

Menschen, die sich in diesem Stadium Krankheit befinden, sind auf eine durchgehende Betreuung, Versorgung und medizinische Fachpflege angewiesen, was als Kombinationsleitung nur noch Kliniken, Pflegeheime und Hospize anbieten können.

Überlegungen für die Angehörigen

Angehörige von Menschen mit Alzheimer werden mit einer Vielzahl von Problemen, Sorgen und Nöten konfrontiert. Die Betreuung und Versorgung von Alzheimer Patienten ist belastend und führt, wie zahlreiche Studien dokumentieren, bei Angehörigen selbst zu psychischen Störungen wie etwa Depressionen. Auch körperliche Einschränkungen und eine verminderte Lebensqualität können pflegende Angehörige empfindlich treffen. Allein bei 30 % bis 80 % der Angehörigen treten im Laufe der Zeit selbst psychische Probleme auf. Weit mehr als die Beeinträchtigungen von Gedächtnis und Konzentration tragen dabei nämlich die ausgeprägten Wesens- und Persönlichkeitsveränderungen sowie Verhaltensänderungen der Alzheimer Betroffenen zur psychischen Überforderung von Angehörigen bei.

Bevor eine Entscheidung für oder die gegen die Übernahme der Betreuung eines an Alzheimer erkrankten Angehörigen getroffen wird, sollte fachkundiger Rat eingeholt werden. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei Morbus Alzheimer um eine langjährige Krankheit, so dass Informationen zur Kombination der Angehörigenpflege mit der sog. 24 Stunden Pflege, ambulanten Pflegediensten und Tagespflegeeinrichtungen bzw. stationären Pflegeheimen hilfreich sein können.