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Osteuropäische Pflegekräfte in der Schweiz

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Auch in der Schweiz werden die Menschen immer älter und die Anzahl derjenigen, die in ihrem Alltag auf Betreuung und Pflege angewiesen sind, nimmt stetig zu. Nur wenige möchten dabei ihren Lebensabend in einem Pflege- oder Altersheim verbringen und bevorzugen die Möglichkeiten der häuslichen Pflege. Dabei stellt die häusliche Pflege und Betreuung hohe Ansprüche, die Familienangehörige schnell überfordern können.

Alternativen zur Pflege durch Angehörige gibt es nur wenige und sind auch für schweizerische Verhältnisse sehr kostenintensiv.

Immer öfter werden aus diesem Grund Pflegerinnen und Betreuerinnen aus osteuropäischen Staaten engagiert. Seitdem 2011 die Arbeitsbedingungen für acht osteuropäische EU-Staaten gelockert wurden, hat die Zahl der sogenannten „Care-Migrantinnen“ in der Schweiz drastisch zugenommen. Auch wenn die genaue Anzahl der privaten Pflegerinnen aus osteuropäischen Ländern nicht bekannt ist, gehen Schätzungen von mindestens 30.000 Care-Migrantinnen aus, die für ihre betagten Auftraggeber waschen, bügeln, putzen, kochen und andere Aufgaben aus der Betreuung und Pflege übernehmen. Zwischen 3.000 und 3.500 Hauswirtschaftsangestellte aus Osteuropa wandern jährlich zum Arbeiten in die Schweiz ein. Eine Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums Obsan spricht sogar von einem „statistischen Niemandsland“.

Rechtliche Rahmenbedingungen mit Lücken

Die Care-Arbeit ist in der Schweiz nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt. Wer also privat eine Haushaltshilfe beschäftigen möchte, kann dies nach seinem eigenen Ermessen tun und muss nicht mit Kontrollen rechnen. Einige Kantone geben zwar minimale Normalarbeitsverträge vor, die sich jedoch nur mit den Arbeitszeiten beschäftigen. Arbeitgeber können also ohne Einhalt schlechtere Bedingungen aushandeln, die viel Raum für Missbrauch bieten. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) schätzt, dass Zehntausende der Betreuerinnen und Pflegerinnen aus Ungarn, Polen oder der Slowakei zu unwürdigen Arbeitsbedingungen in der Schweiz beschäftigt werden.

Nicht selten stellt eine Familie eine ausländische Betreuerin ein, die ihr empfohlen worden ist. Diese reist dann ein, bekommt keinen Arbeitsvertrag und wird auch nicht bei den Behörden gemeldet. Viele private Pflegerinnen werden weder versichert, noch zahlen sie Steuern. Sie haben den hohen Ansprüchen der Familien inklusive der ständigen Verfügbarkeit zu entsprechen und werden dafür unverhältnismäßig gering entlohnt. Gegen diese Arbeitsbedingungen können sich die Care-Migrantinnen kaum wehren, da sie einerseits das Geld benötigen und andererseits wissen, dass sie einer illegalen Schwarzarbeit nachgehen.

Auch Agenturen in der Grauzone

Arrangements mit Betreuerinnen und Pflegerinnen aus osteuropäischen Staaten liefern die benötigten und umfassenden Dienstleistungen zu einem für einen privaten Haushalt bezahlbaren Preis, was den Bedarf kontinuierlich ansteigen lässt. Auf diesen Zug sind auch zahlreiche Agenturen aufgesprungen, die Pflegepersonal aus Polen und anderen Länden vermitteln.

Im Rahmen der Personenfreizügigkeit kommt das Pflegepersonal für bis zu 90 Tage in die Schweiz und wird dann abgelöst. Neben seriösen Agenturen gibt es auch hier Anbieter, die die gesetzlichen Bestimmungen nicht einhalten. Bei diesen arbeiten die Pflegerinnen für weniger als 2.000 Franken im Monat plus Kost und Logis rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche. Werden solche Arbeitsbedingungen aufgedeckt und als illegal eingruppiert, muss sich nicht nur die jeweilige Agentur, sondern auch der Auftraggeber auf rechtliche Konsequenzen gefasst machen. Wegen der komplizierten, lückenhaften und mit Grauzonen behafteten rechtlichen Rahmenbedingungen in der Schweiz geschieht dies leider nur sehr selten.

Das Seco gibt an, dass 2017 etwa 60 Betriebe mit dem Geschäftskern der Altenpflege angemeldet waren. Vermittelnde Agenturen stellen den Familien für eine 24-Stunden-Betreuung zwischen 4.500 und 13.500 Franken pro Monat in Rechnung. Gleichzeitig sind dem Seco aber auch Fälle bekannt, in denen dem Pflegepersonal weniger als 1.000 Franken Lohn pro Monat ausgezahlt worden ist.

Verbesserungen der Arbeitsbedingungen auf dem Weg?

Die Zürcher Nationalrätin Schmid-Federer hat einen Vorstoss zur Verbesserung dieser Situation eingereicht und auch die Bundesverwaltung hat einen 30-seitigen Bericht mit verschiedenen Lösungsmöglichkeiten erstellt. Bislang wurde jedoch keine der diskutierten Lösungen in Form von gesetzlichen Regelungen umgesetzt.

Bis dies geschieht, sollten sich interessierte Familien genau informieren, mit wem sie kooperieren. Eine 24-Stunden-Betreuung mit nur einer Pflegekraft ist gar nicht möglich. Seriöse Agenturen stellen ein sich in regelmäßigen Zyklen abwechselndes Team für die häusliche Pflege zusammen und zahlen ihren Mitarbeiterinnen auch vernünftige Löhne. Zusätzlich sollte den Betreuerinnen, Pflegerinnen oder Haushaltshilfen auch mindestens anderthalb Tage Freizeit pro Woche zugestanden werden.

Legal operierende Agenturen informieren ihre potenziellen Kunden gerne über die Arbeitsbedingungen der zu vermittelnden Pflegekräfte. Sie halten ihre Geschäftspraktiken transparent und nachvollziehbar, was sie von den vielen schwarzen Schafen der Branche unterscheidet.

Wie es beispielsweise die CareWork in Deutschland handhabt, lässt sich an deren Ausführungen zur Legalität der 24 Stunden Betreuung veranschaulichen.

Bildquellennachweis: Paul-Georg Meister/pixelio.de