Steht der Pflegegrad 1 wirklich kurz vor dem Aus?

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11.10.2025

Die staatlichen Rechnungsprüfer rechnen nach Angaben eines Berichts des Bundesrechnungshofs für das Jahr 2026 mit einem Minus von 3,5 Milliarden Euro. Die Krise der Pflegeversicherung wird in der Politik heiß diskutiert. Jetzt soll sogar über die Abschaffung des Pflegegrades 1 beraten werden. Einige Parteien, Sozialverbände und Patientenschützer weisen die Überlegungen zur Streichung des niedrigsten Pflegegrads ab. Die finanziellen Herausforderungen der Pflegeversicherung könnten in Zukunft Auswirkungen auf Pflegeleistungen haben.

Was Pflegegrad 1 ausmacht

  • zweckgebundener Entlastungsbetrag von 131,00 € monatlich für Betreuung, Haushaltshilfe o.ä. in häuslicher Pflege
  • bis 224,00 € monatlicher Zuschuss für ambulant betreute Wohngruppen
  • bis 131,00 € Entlastungsgeld bei vollstationärer Pflege
  • bis 4.180,00 € für barrierefreie Umbauten
  • geringere Beträge für digitale Pflegeanwendungen und Pflegehilfsmittel

Alle anderen bekannten Pflegeleistungen wie Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Kurzzeit- und Verhinderungspflege werden erst ab Pflegegrad 2 gewährt

Der Pflegegrad 1 wurde mit dem Grundgedanken im Jahr 2017 eingeführt, dass Menschen mit kleineren Beeinträchtigungen etwas angeboten wird, damit sie länger zuhause leben können. Neben körperlichen Beeinträchtigungen wurden seit dem Wechsel von Pflegestufen zu Pflegegraden auch psychische und kognitive; beispielsweise eine beginnende Demenz, berücksichtigt. Der Pflegegrad 1 sieht Leistungen in einem geringeren Umfang von 131,00 € pro Monat vor, um den häuslichen Alltag durch Einkäufe oder Reinigungsleistungen zu unterstützen. Hierbei handelt es sich um den monatlichen Entlastungsbetrag, der Pflegebedürftigen unabhängig vom Pflegegrad zusteht. Klar ist, dass auch pflegende Angehörige von diesen Entlastungsleistungen profitieren. Zusätzlich können für bis zu 4.180,00 € Umbauten für Barrierefreiheit beantragt werden.

Aber gerade diese über den Pflegegrad 1 abgerechneten alltagsunterstützenden Leistungen gewährleisten den Erhalt der Selbstständigkeit – damit also auch häufig eine frühzeitigere stationäre Unterbringung in einem Pflegeheim, die für das Pflegesystem deutlich teurer wäre. Die Abschaffung des Pflegegrades 1 hätte also nicht nur gravierende Folgen für Pflegebedürftige mit Demenz und pflegende Angehörige, sondern könnte sogar die Kosten noch steigern.

Was kostet die Pflegeversicherung Pflegegrad 1?

Betroffen von der Abschaffung des Pflegegrads 1 wären mehr als 860.000 Pflegebedürftige mit geringer Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Ende 2024 waren 863.700 Pflegebedürftige mit Leistungsbezug in Grad 1 eingestuft. Nach Hochrechnungen der Wirtschaftsforscher könnten bei Wegfall von Pflegegrad 1 etwa 1,8 Milliarden Euro pro Jahr eingespart werden und dadurch zum Teil das Defizit der Pflegeversicherung ausgleichen. Allerdings wurde bei diesen Berechnungen noch nicht berücksichtigt, dass sich der Zustand vieler Pflegebedürftigen ohne Unterstützung so verschlechtern könnte, dass deutlich kostenträchtigere Pflegemaßnahmen benötigt werden. Eine Streichung des Pflegegrades würde den Bemühungen, die häusliche Pflege zu unterstützen, widersprechen. Und genau das könnte den Pflegenotstand noch verschärfen.

Klar ist jedoch, dass notwendige Änderungen vorgenommen werden müssen, um auch in Zukunft Pflegebedürftigen im gewohnten Umfang weiterhelfen zu können. Aus diesem Grund erarbeiten Arbeitsgruppen von Bund und Ländern aktuell Vorschläge für ein nachhaltiges Finanzkonzept für die Pflegeversicherung. Es bleibt zu hoffen, dass andere Lösungen gefunden werden können als die Abschaffung von Pflegegrad 1.

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