Pflegegrad 1

Überblick über Voraussetzungen, Leistungen und Zuschüsse

Überblick

Der Pflegegrad 1 im Porträt

Mit Wirkung zum 01. Januar 2017 wurden die alten Pflegestufen auf die neuen Pflegegrade umgestellt. Die drei Pflegestufen I, II und III, die bis Ende des Jahres 2016 den Bezug von Pflegeleistungen für Pflegebedürftige strukturiert haben, sind zu Beginn des Jahres 2017 von den fünf Pflegegraden 1, 2, 3, 4 und 5 abgelöst worden. Auch die Grundlagen der Einteilung für die neuen Pflegegrade (kurz PG genannt) wurden dadurch geändert. Es zählt nicht mehr der Zeitaufwand für tägliche Pflegemaßnahmen, sondern der tatsächlich (noch) vorhandene Grad der Selbstständigkeit.

Grundlage dieser Neuerungen sind die Pflegestärkungsgesetze (PSG). Das erst PSG I ist bereits 2015 in Kraft getreten und wurde um das zweite und ab 2017 anzuwendende PSG II ergänzt. Ebenfalls seit Anfang 2017 rechtskräftig ist das im Dezember 2016 verkündete dritte PSG III. Durch die Änderungen der Pflegestärkungsgesetze wurde die Selbstständigkeit von Pflegebedürftigen in den Fokus gerückt und die Definition der Pflegebedürftigkeit einschneidend geändert. Heute profitieren auch Menschen mit einer Form der Demenz oder mit einer psychischen Erkrankung, sofern sich diese auch durch Einschränkungen in der Alltagskompetenz äußert, von den Gesetzesänderungen. Es erhalten nun auch Menschen einen Pflegegrad, die vorher durch das System der Pflegestufen ausgeschlossen wurden. Bemerkbar macht sich dies insbesondere beim PG 1, der fälschlicherweise vorher "Pflegestufe 0" genannt wurde.

Pflegegrad 1: Was bedeutet er für Pflegebedürftige?

Durch die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Pflegeversicherungsrecht zum 01. Januar 2017 werden in den neu eingeführten Pflegegrad 1 die Menschen eingestuft, die geringfügige Beeinträchtigungen in der Selbständigkeit oder in Bezug auf ihre Fähigkeiten haben. Dadurch, dass nun auch für Menschen mit geringeren Beeinträchtigungen Leistungen zur Beratung, Unterstützung sowie Schulung zur Verfügung gestellt werden, werden früher als vorher Möglichkeiten geboten, die Selbstständigkeit wieder zu verbessern und vor allem zu erhalten. Durch die Einführung des PG 1 wurde der Kreis der Pflegebedürftigen enorm erweitert.

Aufgrund der eher geringen Beeinträchtigungen, die bei Pflegegrad 1 vorliegen, werden für diese Pflegebedürftigen noch keine ambulanten Sachleistungen und auch kein Pflegegeld geleistet. Diese Leistungen erhalten erst Pflegebedürftige ab PG 2. Die Leistungen der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige im PG 1 fokussieren sich auf frühzeitige Hilfestellungen, um die Selbständigkeit möglichst lange zu erhalten und den Verbleib in der häuslichen Umgebung weiter zu ermöglichen.

Voraussetzungen für Pflegegrad 1

Der Pflegegrad 1 wird seit 2017 Menschen zugeteilt, die vorher keine Pflegestufe erhalten haben, aber dennoch wegen Einschränkungen in der Alltagskompetenz Unterstützung benötigen. Dies bezieht sich besonders häufig auf Menschen mit einer Form von Demenz. In der Vergangenheit gab es in diesen Fällen Pflegestufe 0, die heute in den PG 2 übergeleitet wurde. Der PG 1 ist also völlig neu.

Um in den Pflegegrad 1 eingestuft werden zu können, müssen Betroffene zunächst einen Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Einteilung in einen Pflegegrad bei der Pflegekasse stellen. Die Pflegekasse leitet dann das Begutachtungsverfahren ein. Der MD (früher MDK) Medizinische Dienst der Krankenversicherung oder aber MEDICPROOF für privat Versicherte erhalten einen Auftrag für die Begutachtung. Die Begutachtung erfolgt nach dem NBA, also dem Neuen Begutachtungsassessment. Bei diesem werden bis zu 100 % je nach Umfang, Ausmaß und Auswirkung der Pflegebedürftigkeit vergeben. Der Fokus liegt hierbei auf die noch vorhandene Selbstständigkeit, sodass weniger erreichte Punkte demnach auch einen niedrigeren Pflegegrad zur Folge haben.

Für den PG 1 müssen Pflegebedürftige bei der Begutachtung eine Punktzahl von 12,5 Punkten bis zu 27 Punkten von den möglichen 100 Punkten aus dem Neuen Begutachtungsassessments erreichen. Dies entspricht einer geringen Beeinträchtigung in der Selbstständigkeit unabhängig davon, ob es sich um kognitive oder körperliche Beeinträchtigungen handelt.

Tabelle: Punkte nach Pflegegrade

Pflegestufe vs. Pflegegrad

Bis Ende des Jahres 2016 wurden in Form von drei aufeinander aufbauenden Pflegestufen die Voraussetzungen geregelt, ob und in welchem Umfang Betroffene Pflegeleistungen erhielten. Sowohl der Begriff der Pflegebedürftigkeit als auch die Umwandlung in neu definierte Pflegegrade erfolgte durch das PSG II zu Beginn des Jahres 2017. Zu den wichtigsten Faktoren bei der Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade gehören

  • Neuorganisation der Begutachtung durch den MD oder MEDICPROOF mittels NBA (Neues Begutachtungsassessment)
  • Einbeziehung von geistigen und psychischen Defiziten in die Begutachtung und Feststellung der Pflegebedürftigkeit über körperliche Einschränkungen hinaus
  • Abhängigkeit der Leistungen vom konkret vergebenen Pflegegrad
  • Wegfall der sogenannten "Minutenpflege" und Fokussierung auf (noch) vorhandene Selbstständigkeit
  • Ausschluss von Benachteiligungen bei der Umstellung von Pflegestufe auf Pflegegrad

Leistungen bei Pflegegrad 1

Pflegebedürftigen mit PG 1 stehen Leistungen aus der Pflegeversicherung zu. Da es sich hierbei um den niedrigsten Pflegegrad handelt, fallen Geldleistungen und Sachleistungen im Vergleich zu den höheren Pflegegraden geringer aus. Viele Pflegeleistungen werden erst ab PG 2 gewährt. Grundsätzlich haben die Leistungen bei PG 1 das Ziel, die Pflegebedürftigen möglichst lange in Bezug auf ihre Selbstständigkeit zu unterstützen.

Pflegebedürftige mit PG 1 wohnen in der Regel noch in ihrer gewohnten Umgebung und benötigen nur etwas Unterstützung bei der Grundpflege. Tätigkeiten und Aufgaben, die sie nur sehr schwer oder gar nicht mehr alleine bewerkstelligen können, werden oft von Angehörigen oder Freunden übernommen. Leistungen bei PG 1 können also auch als Geldleistungen für Angehörige betrachtet werden. Geldleistungen werden jedoch auf die Konten der Pflegebedürftigen selbst überwiesen, die frei darüber verfügen und entscheiden dürfen.

Kurzfristige oder dauerhafte Unterbringungen in Betreuungseinrichtungen, stationäre Pflege und Kurzzeitpflege werden bei PG 1 nicht als notwendig betrachtet, sodass auch hier die Leistungen selten übernommen werden.

Zu den Leistungen bei PG 1 gehören:

  • Pflegeberatung und Pflegekurse
  • Zuschüsse zur Anpassung des Wohnumfeldes
  • Pflegehilfsmittel und digitale Pflegeanwendungen
  • Wohngruppenzuschlag und Anschubfinanzierung für ambulant betreute Wohngruppen
  • monatlicher Entlastungsbetrag
  • Zuschuss zur vollstationären Pflege
  • Leistungen bei Pflegezeit und kurzzeitiger Arbeitsverhinderung
  • Hausnotruf

Pflegegrade und Pflegeleistungen im tabellarischen Überblick

Nachfolgend werden tabellarisch die Leistungsbeträge für die Pflegegrade 1 bis 5 gegenüber gestellt:

PflegegradPunkte MDKPflegegeldPflegesachleistungStationäre Pflege
112,5 bis < 270,00 €Entlastungsbetrag 125,00 €0,00 €
227 bis < 47,5332,00 €761,00 €770,00 €
347,5 bis < 70573,00 €1.432,00 €1.262,00 €
470 bis < 90765,00 €1.778,00 €1.775,00 €
590 bis 100947,00 €2.200,00 €2.005,00 €

Pflegegeld für die häusliche Pflege und Pflegesachleistungen im Bereich der stationären Pflege werden demnach erst ab Pflegegrad 2 zur Verfügung gestellt.

Pflegeberatung und Pflegekurse

Pflegebedürftige mit PG 1 haben einen Anspruch auf eine umfassende Pflegeberatung, um frühzeitig auf die konkrete Situation sowie mögliche Sozialleistungen oder Hilfsangebote eingehen zu können. Pflegebedürftige und Angehörige können zu diesem Zweck die Beratungsangebote der Pflegeversicherung oder Krankenkasse, von privaten Versicherungsunternehmen oder bei Pflegestützpunkten in Anspruch nehmen. Darüber hinaus besteht einmal im Halbjahr ein Anspruch auf einen Beratungseinsatz durch eine entsprechend zugelassene Pflegefachkraft, zum Beispiel von einem ambulanten Pflegedienst, die die Beratung bei Pflegebedürftigen zu Hause anbietet. Für pflegende Angehörige besteht die Möglichkeit, kostenlos an einem Pflegekurs teilzunehmen.

Anpassung des Wohnumfeldes

Pflegebedürftige mit PG 1 haben einen Anspruch auf Zuschüsse zur Anpassung des Wohnumfelds, falls beispielsweise der Bedarf einer barrierefreien Dusche besteht. Notwendige Wohnraumanpassungen bzw. Umbaumaßnahmen werden aktuell (Stand: 2022) mit bis zu 4.000,00 € bezuschusst. Maximal kann dieser Zuschuss 16.000,00 € betragen, sofern bis zu vier Pflegebedürftige in einem Haushalt leben.

Pflegehilfsmittel und digitale Pflegeanwendungen

Werden Pflegebedürftige mit PG 1 zu Hause gepflegt, dann haben sie einen Anspruch auf Pflegehilfsmittel zum Verbrauch. Zu den Hilfsmitteln gehören beispielsweise Einmalhandschuhe, Schutzmasken, Bettschutzeinlagen, Schutzkittel oder Desinfektionsmittel für Haut und Flächen. Die Leistungen für diese Hilfsmittel umfassen aktuell (Stand: 2022) einen Betrag in Höhe von 40,00 € pro Monat, was übrigens auch bei den höheren Pflegegraden so bleibt.

Wohngruppen und ambulant betreute Wohngruppen

Leben Pflegebedürftige mit PG 1 mit anderen Pflegebedürftigen in einer Wohngruppe zusammen, steht pro Monat ein Zuschuss von aktuell (Stand: 2022) 214,00 € zur Verfügung. Die Anschubfinanzierung zur Gründung von Pflege-Wohngruppen beinhaltet für jeden Pflegebedürftigen mit Pflegegrad einmalig 2.500,00 €. Gedeckelt wird diese Finanzierung auf einen Betrag von 10.000 € Förderung je Wohngemeinschaft, sodass maximal vier WG Bewohner von der Anschubfinanzierung profitieren können.

Monatlicher Entlastungsbetrag

Bei häuslicher Pflege besteht bei PG 1 ein Anspruch auf den Entlastungsbetrag in einer Höhe von bis zu 125 € pro Monat. Dieser kann mit einer Besonderheit bei PG 1 genauso eingesetzt werden wie in den anderen Pflegegraden. Bei PG 1 kann im Gegensatz zu den anderen Pflegegraden der Entlastungsbetrag auch für Leistungen von ambulanten Pflegediensten in Bezug auf körperbezogene Selbstversorgung (körperbezogene Pflegemaßnahmen) eingesetzt werden. Dies bedeutet also, dass bei PG 1 der Entlastungsbetrag beispielsweise auch für die Unterstützung beim Baden oder Duschen durch einen ambulanten Pflegedienst verwendet werden darf.

Bei der Nutzung des Entlastungsbetrages treten Pflegebedürftige in der Regel in Vorkasse. Sie dürfen sich Unterstützung für den Alltag suchen, die nach Landesrecht zugelassen sind wie beispielsweise bei der stundenweisen Betreuung von CareWork & SHD. Hier kommen insbesondere Alltagsbegleitungen, Gruppenangebote oder haushaltsnahe Dienstleistungen in Betracht. Die Anbieter erstellen eine Rechnung, die von Pflegebedürftigen ausgeglichen und bei der Kasse eingereicht werden kann. Je nach Variante können zugelassene Anbieter auch direkt mit der Kasse abrechnen. Werden Entlastungsbeträge nicht genutzt, so können sie noch bis zum 30.06. des folgenden Jahres verwendet werden. Danach entfällt der Anspruch.

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Zuschuss zur vollstationären Pflege

Wählen Pflegebedürftige mit PG 1 die vollstationäre Pflege im Pflegeheim, erhalten sie einen Zuschuss der Pflegeversicherung in Höhe von 125,00 € pro Monat. Wie alle Versicherten haben auch sie in teilstationären oder vollstationären Einrichtungen einen Anspruch auf zusätzliche Aktivierung und Betreuung.

Pflegezeit und kurzzeitige Arbeitsverhinderung

In akut auftretenden Pflegesituationen können sich Beschäftigte kurzzeitig für bis zu zehn Arbeitstage von der Arbeit freistellen lassen, um die Pflege für nahe Angehörige zu organisieren und sicherzustellen. Hierfür kann ein Pflegeunterstützungsgeld gewährt werden, das von der Pflegeversicherung übernommen wird. Wichtig ist, dass es sich bei den Pflegebedürftigen um nahe Angehörige handelt und davon auszugehen ist, dass ein Pflegegrad zuerkannt wird. Dem Arbeitgeber muss die Verhinderung unverzüglich mitgeteilt werden. Besteht kein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung gegenüber den Arbeitnehmern, kommt die Beantragung von Pflegeunterstützungsgeldern in Betracht.

Hausnotruf

Von der Pflegeversicherung wird auch bei PG 1 ein Hausnotruf finanziert. Die Kosten für den Anschluss und auch die monatlichen Kosten erhalten einen Zuschuss von aktuell (Stand: 2022) 23,00 € bzw. 25,50 €, sofern der Anbieter den seit dem 01.07.2021 gültigen Verträgen mit den Kassen zugestimmt hat. Hausnotrufsysteme werden in unterschiedlichen Ausführungen angeboten und orientieren sich häufig an der Mobilität der Pflegebedürftigen. Grob unterschieden wird zwischen mobilen Systemen und stationären Notrufsystemen.

Welche Leistungen kommen bei Pflegegrad 1 nicht in Betracht?

Viele Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung kommen erst ab PG 2 und höher in Betracht. Dies betrifft insbesondere Kosten für umfangreichere Maßnahmen in der Pflege, wie sie von professionellen Pflegeanbietern durchgeführt werden. Pflegenden Angehörigen steht ab PG 2 eine soziale Absicherung sowie eine Aufwandsentschädigung zu.

Für folgende Leistungen besteht bei Pflegegrad 1 kein Anspruch:

  • Pflegegeld – Aufwandsentschädigung für pflegende Angehörige in der häuslichen Pflege, wird ab PG 2 ausgezahlt
  • Pflegesachleistungen – teilweise Kostenübernahme für ambulante Pflegedienste in der häuslichen Pflege, wird in höheren Graden gewährt (Pflegebedürftige mit PG 1 können hierfür den Entlastungsbetrag verwenden)
  • Kurzzeitpflege – teilweise Kostenübernahme von Pflegekosten, wenn pflegende Angehörige kurzzeitig verhindert sind oder der Pflegebedarf kurzzeitig erhöht ist (Pflegebedürftige mit PG 1 können hierfür den Entlastungsbetrag verwenden)
  • Teilstationäre Tagespflege, Nachtpflege und vollstationäre Pflege – teilweise Übernahme von Pflegekosten und Unterbringungskosten, wird ab PG 2 gewährt (Pflegebedürftige mit PG 1 können hierfür den Entlastungsbetrag verwenden)
  • Verhinderungspflege – teilweise Kostenübernahme von Pflegekosten, wenn pflegende Angehörige Urlaub machen, krank sind oder andere Gründe für eine Verhinderung vorliegen, wird ab PG 2 gewährt
  • Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Pflegeversicherung und Einstufungen in Pflegegrade

Wurde die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Einteilung in einen Pflegegrad beantragt und beschieden, besteht die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Widerspruch gegen den entsprechenden Bescheid bei der Pflegekasse einzulegen. Sind Pflegebedürftige nicht mit der Entscheidung der Pflegekasse einverstanden, müssen sie innerhalb eines Monats einen Widerspruch bei der Pflegekasse einreichen. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Bescheides. Es wird empfohlen, den Widerspruch per Einschreiben zu versenden und den Widerspruch zu begründen.

Im Widerspruchsverfahren wird die Entscheidung nochmals durch die Pflegekasse überprüft. Es werden regelmäßig Zweitgutachten erstellt. Werden die vorgebrachten Einwände angenommen, folgt ein positiver Bescheid als Abhilfe. Bleibt die Pflegekasse jedoch bei ihrer Entscheidung, erlässt sie einen ablehnenden Widerspruchsbescheid. Hiergegen kann innerhalb eines Monats nach Zugang des Widerspruchsbescheides Klage beim Sozialgericht eingereicht werden. Die Klage muss schriftlich eingereicht werden. Die Geschäftsstellen der Sozialgerichte sind bei Aufnahme einer Klageschrift behilflich.

Antrag auf Höherstufung

Pflegebedürftige, die mit ihrem Pflegegrad nicht (mehr) einverstanden sind, können einen Antrag auf Höherstufung bei der Pflegekasse stellen. Bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes durch eine Erkrankung steigt naturgemäß auch der Pflegeaufwand, sodass der Pflegegrad nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Schreiten psychische oder körperliche Erkrankungen schnell voran, können bei der neuen Einstufung auch Pflegegrade übersprungen werden. Ein Höherstufungsantrag wird wie ein Erstantrag bei der zuständigen Pflegekasse gestellt. Hier kann es sinnvoll sein, die Pflegeberatung zu kontaktieren, um die Anpassung in den richtigen Pflegegrad zu erzielen. Zunächst wird die Pflegekasse einen Fragebogen übermitteln, der die aktuelle Situation erfassen soll. Nach einer Prüfung und ggf. Begutachtung entscheidet die Pflegekasse, ob ein höherer Pflegegrad gewährt werden kann. Auch gegen den die Höherstufung betreffenden Bescheid der Pflegekasse kann innerhalb eines Monats nach Zugang Widerspruch eingelegt werden.

Beispiel für Pflegegrad 1

Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 weisen geringfügige Beeinträchtigungen in ihrer Selbstständigkeit auf. Anhand eines fiktiven Beispiels soll dies zur besseren Einschätzung verdeutlicht werden:

Frau Müller ist 72 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann in einer Etagenwohnung. Seit einem Jahr leidet sie an Arthrose, also an Gelenkverschleiß. Frau Müller kann zwar noch vorsichtig und langsam Treppen steigen, hat aber in vielen Situationen Schmerzen in den Gelenken. Durch die damit verbundene Steifigkeit der Gelenke fühlt sich Frau Müller häufig unsicher "auf den Beinen" und lässt sich von ihrem Mann helfen. Der Gutachter des Medizinischen Dienstes bewertet dies im Modul Mobilität mit 2 Punkten, sodass es zu einem gewichteten Punktwert von 2,5 Punkten kommt.

Die Gelenksteife tritt insbesondere nach dem Ruhen und Schlafen auf. Frau Müller kann schlecht alleine aus dem Bett aufstehen und auch beim Waschen und Anziehen der Kleidung machen ihr die Gelenke zu schaffen. Sie kann sich nicht mehr gut bücken, um beispielsweise Socken und Schuhe anzuziehen. Auch das Heben der Arme fällt Frau Müller zunehmend schwer, weil die Schultergelenke mittlerweile auch betroffen sind. Beim Haare waschen, kämmen, anziehen und ausziehen ist sie auf Hilfe angewiesen. Dies veranlasst den Gutachter vom MD im Modul Selbstversorgung 7 Punkte zu vergeben, woraus sich ein gewichteter Wert von 10 Punkten ergibt.

Die fortschreitende Arthrose und die damit verbundenen Einschränkungen machen Frau Müller Angst. Sie fühlt sich unsicher und geht nicht mehr gern alleine weg. Zu Einkäufen oder Spaziergängen nimmt sie eigentlich immer ihren Mann mit, der ihr hilft. Dadurch erhält Frau Müller vom Gutachter in den Modulen Verhaltensweisen und psychische Problemlagen 3 Punkte, was zu einer gewichteten Punktanzahl von 7,5 Punkten führt.

Insgesamt werden Frau Müller nach der Pflegebegutachtung also 20 gewichtete Punkte bescheinigt, wodurch sie einen Anspruch auf die Einstufung in den Pflegegrad 1 hat.

Häufige Fragen zum Pflegegrad 1

Den Pflegegrad 1 können Versicherte erhalten, deren Selbstständigkeit geringfügig beeinträchtigt ist. Beim Pflegegrad 1 handelt es sich um den niedrigsten Pflegegrad, der mit den geringsten Beeinträchtigungen verbunden ist.

Durch einen Antrag bei der zuständigen Pflegekasse können Antragsteller die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Einteilung in einen Pflegegrad beantragen. Ermittelt wird der Pflegegrad durch eine Pflegebegutachtung durch den Medizinischen Dienst oder MEDICPROOF bei privat Versicherten.

In den Pflegegrad 1 werden Pflegebedürftige eingestuft, die bei der Pflegebegutachtung durch den Medizinischen Dienst oder MEDICPROOF nach dem Neuen Begutachtungsassessment zwischen 12,5 bis unter 27 Punkte mit einer "geringen Beeinträchtigung der Selbstständigkeit" erzielt haben.

Zum 01.01.2017 wurden alle Pflegestufen in Pflegegrade überführt. Nach den Überleitungsvorschriften wurde keine Pflegestufe in den Pflegegrad 1 überführt, da dieser ganz neu erschaffen worden ist. Den Pflegegrad 1 gibt es also frühestens nach einer Antragstellung ab dem 01.01.2017.

  • monatlicher Entlastungsbetrag für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen
  • Hausnotruf (Installation, Übernahme der monatlichen Kosten)
  • monatliche Pflegehilfsmittel zum Verbrauch
  • Wohnraumanpassung (Einzelmaßnahmen)
  • Wohngruppenförderung (Finanzierungsmöglichkeiten, monatliche Kosten)

Es besteht bei Pflegegrad 1 kein Anspruch auf Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder Zuschüsse für die Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege, Tagespflege, Nachtpflege oder vollstationäre Pflege. Diese Leistungen kommen erst ab Pflegegrad 2 in Betracht. Ausgezahlt werden kann jedoch der Entlastungsbetrag, um Betreuungs- und Entlastungsleistungen zu erstatten.

Der Entlastungsbetrag in Höhe von 125 € monatlich ist in Bezug auf zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen frei verwendbar. Es können also Alltagshelfer oder Haushaltshilfen damit bezahlt werden.

Sofern von Vornherein Zweifel an der Richtigkeit bei der Einstufung in den Pflegegrad 1 bestehen, sollte innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheides der Pflegekasse Widerspruch eingelegt und das Widerspruchsverfahren durchgeführt werden. Ein Höherstufungsantrag kommt dann in Betracht, wenn sich der Gesundheitszustand und damit auch die Einschränkungen in der Selbstständigkeit im Laufe der Zeit verschlechtert bzw. verändert haben. Widersprüche und Höherstufungsanträge haben eine erneute Begutachtung und/oder Begutachtung zur Folge.

Erste Anlaufstelle für alle Informationen rund um Pflegegrade und Pflegeleistungen ist die zuständige Pflegekasse, die über die Krankenkasse erreicht werden kann. Pflegestützpunkte und Bürgerservices vor Ort bieten ebenfalls detaillierte Pflegeberatungen an.

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