Freunde, Bekannte und auch Nachbarn – sie alle leisten häufig einen wichtigen Beitrag bei der Betreuung von kranken und pflegebedürftigen Menschen. Sie finden jedoch selten Erwähnung; geschweige denn Anerkennung und stoßen darüber hinaus nicht selten an ihre Grenzen.
Einen Einkauf übernehmen, wenn die ältere Nachbarin eine Hüftoperation hatte oder der besten Freundin bei der Pflege ihres pflegebedürftigen Ehemannes unter die Arme greifen – bei Menschen, die wir kennen und schätzen, zeigen wir automatisch Hilfsbereitschaft. Insbesondere unter Freunden ist die Hilfsbereitschaft groß, da in echten Freundschaften bekanntlich sowohl Freude als auch Leid geteilt werden. Diese helfende Gruppe taucht jedoch in keiner Statistik oder Erfassung der Pflegeversicherung auf. Dies, obwohl die Betreuung und Pflege mit einer hohen Verantwortung verbunden ist. Auch die Kassen unterscheiden nicht zwischen verschiedenen privaten Pflegepersonen.
Der Beitrag von Menschen außerhalb der eigenen Familie für die häusliche Betreuung und Pflege wird unterschätzt: Eine aus Mai 2023 stammende Pflegestudie des Sozialverbandes VdK kam zwar zu dem Ergebnis, dass in den meisten Fällen Ehepartner und Familienangehörige pflegerische Aufgaben übernehmen. Aber bei etwa 6 % der Pflegepersonen handelt es sich jedoch um Freunde, Bekannte oder Nachbarn, was etwa 300.000 Fälle in Deutschland betrifft. In der Studie gab jede vierte pflegebedürftige Person an, dass Freunde eine zusätzliche Stütze sind – bei jedem zehnten Pflegebedürftigen waren es auch Nachbarn.
Nachbarschaftshilfe seit Corona im Aufschwung
In der ersten Phase der Pandemie wurde aus der Not eine Tugend: Der Anteil an Menschen, die sich um alte und kranke Nachbarn gekümmert haben, hat sich innerhalb kurzer Zeit mehr als verdoppelt. Dies kann damit zusammenhängen, dass in dieser Zeit Tagespflege und andere Angebote weggefallen sind. Es hat aber auch verdeutlicht, wie wichtig Nachbarschaftshilfe ist und wie gut sie funktionieren kann. Auch im vorab eher unpersönlichen Wohnumfeld haben sich die Menschen umgesehen und sich gefragt, wie es den Nachbarn geht.
Auch in Zukunft wird davon ausgegangen, dass nach Unterstützung durch Freunde und Nachbarn gefragt wird. Dies, zumal es mehr Single-Haushalte und kinderlose Menschen gibt. Aktuell lebt jeder Dritte Senior ab 65 Jahre allein und bei der Gruppe der Hochbetagten über 85 Jahre, die im häufigsten auf Betreuung und Pflege angewiesen sind, lebt jeder Zweite allein. Diese Gruppe ohne Familienanschluss findet im politischen Umfeld wenig Beachtung. Es wird von der Selbstverständlichkeit ausgegangen, dass sich Angehörige um die Pflege kümmern. Nicht immer ist das aber möglich.
Kein Lückenfüller, aber sinnvolle Ergänzung
Je nach Situation und Ausprägung des Betreuungs- und Pflegebedarfs können Freunde und Nachbarn die Versorgungslücke nicht füllen. Aber in Kombination mit Pflegediensten, Angehörigen und professionellen Dienstleistungen kann ihnen eine wichtige Funktion zukommen. Die Bandbreite der Aufgaben, die Freunde und Nachbarn übernehmen könnten, ist groß. Sie reicht vom simplen Einkauf über die Begleitung zum Arzt bis hin zur gemeinsamen Freizeitgestaltung oder Hilfe bei bürokratischen Dingen. Schon ein gemeinsames Kaffeetrinken darf nicht unterschätzt werden. Es gibt alleinlebenden und älteren Menschen das gute Gefühl, nicht allein zu sein. Außerdem trägt es dazu bei, dass ältere Menschen länger in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können.

Engagement ist gut, aber bitte keine Überforderung
Freunde möchten aus der emotionalen Bindung heraus helfen. Nachbarn bieten aufgrund der räumlichen Nähe ihre Hilfe an. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass es auch hier zur Überforderung kommen kann. Aus dem wöchentlichen Einkauf kann mit der Zeit fast schon eine tägliche Versorgung werden. Hier ist es wichtig, sich selbst zu hinterfragen und Grenzen zu setzen. Dies, zumal der Hilfebedarf je nach Gesundheitszustand und Alter in der Regel fortschreitend wächst. Spätestens dann, wenn sich Ermüdungserscheinungen bemerkbar machen, sollte gemeinsam und offen darüber gesprochen werden, wie es weitergehen könnte. Geschieht dies nicht, könnte dies die Freundschaft oder die gute nachbarschaftliche Beziehung gefährden.
Wenn die Unterstützung von Freunden, Bekannten und Nachbarn nicht mehr ausreicht, um adäquat in der häuslichen Umgebung versorgt zu werden, gibt es zahlreiche Alternativen. Vom regelmäßigen Besuch eines ambulanten Pflegedienstes über die stundenweise Betreuung bis hin zur Übernahme aller hauswirtschaftlichen und grundpflegerischen Aufgaben durch eine 24-Stunden-Betreuung gibt es in den meisten Fällen Mittel und Wege, den oft gefürchteten Umzug in ein Pflegeheim zu vermeiden.







