Selbstfürsorge für pflegende Angehörige

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24. März 2023
Selbstfürsorge in der Pflege

Wer sich um Menschen kümmert und in Pflege oder Betreuung eingebunden ist, sollte besonders auf sich selbst achtgeben. Denn wenn man seine Kräfte dauerhaft überstrapaziert, ist die Überforderung nicht weit. Häufig betreiben Pflegende zu wenig Selbstfürsorge, stehen kurz vor einem Burnout und rutschen in Depressionen ab. Wer sich keine Zeit für sich selbst nimmt, wird schnell unruhig und gestresst. Insbesondere bei den anspruchsvollen Aufgaben in der Pflege ist es wichtig, sich selbst nicht zu verlieren.

Warum Selbstfürsorge für pflegende Angehörige so wichtig ist

Wenn pflegende Angehörige und Pflegekräfte von Stress und strapaziösen Situationen berichten, wird ihnen häufig der gute Rat gegeben, „einfach mal zu entspannen“ oder sich „eine Auszeit zu nehmen“. In der Pflege ist dies jedoch immer mit organisatorischen Höchstleistungen verbunden und gar nicht so leicht. Pflegende Angehörige möchten ihre Aufgaben so gut wie möglich erfüllen und verzichten deshalb auf die eine oder andere Pause. Sie neigen deshalb dazu, dauerhaft über ihre eigenen Grenzen zu gehen und eigene Bedürfnisse zurückzustellen. Bewusste Auszeiten, freie Tage oder Urlaub werden mit einer inneren Zerrissenheit betrachtet. Das schlechte Gewissen nagt, was eine völlig falsche Denkweise widerspiegelt. Denn nur gesunde und ausgeglichene Menschen können andere Menschen optimal pflegen, betreuen und versorgen. Was hat der Pflegebedürftige davon, wenn der Pflegende selbst krank wird?

In der Pflege zeigt sich eine Überlastung eher schleichend. Oft hängt dies damit zusammen, dass sich der Gesundheitszustand des Pflegebedürftigen verschlechtert, was beispielsweise bei Demenz oder anderen progredient fortschreitenden Erkrankungen der Fall ist. Naturgemäß steigt damit auch der Pflegebedarf, sodass pflegende Angehörige schlicht „mehr“ leisten müssen und die Belastungen zunehmen. Und gegen diese Belastungen muss etwas getan werden, damit man noch lange diesen pflegerischen Herausforderungen standhalten kann.

Tipps für mehr Selbstfürsorge

Wenn schöne Dinge und Freizeitbeschäftigungen aus Gründen eines schlechten Gewissens abgesagt oder verschoben werden, kann dies als Zeichen der Überforderung gewertet werden. Es ist nicht egoistisch, auch für sich selbst zu sorgen und achtsam mit sich umzugehen. Es darf niemals aufgrund des natürlichen Verantwortungsgefühls oder des Pflichtbewusstseins so weit gehen, dass man sich selbst die Erfüllung der eigenen Grundbedürfnisse verweigert. Letztendlich kann man nicht dafür sorgen, dass es anderen gut geht, wenn es einem selbst nicht gut geht. Deshalb sollten dringend folgende Tipps zur Selbstfürsorge beherzigt werden:

Innehalten und im Moment leben

Wie oft möchte man sich eine kleine Pause gönnen und wird ausgerechnet in diesem Moment um Hilfe oder Unterstützung gebeten? Da Altruismus anerzogen bzw. schon in den menschlichen Genen verankert ist, geben wir oftmals dem Drängen nach – und die Pause gerät in Vergessenheit. Auf langfristige Sicht ist es sicher nicht klug, ständig die eigenen Belange zurückzustellen. Sinnvoller ist ein ausgewogenes Verhältnis, bei dem Achtsamkeit eine wichtige Rolle spielt.

Achtsamkeit ist kein aktueller Trend, sondern die Wiederentdeckung von alten Weisheiten. Ab und zu sollte jeder innehalten und den Moment genießen. Die aus dem englischen Sprachgebrauch stammende Redewendung „Stop and smell the flowers!“ beschreibt diese Achtsamkeit sehr gut. Man sollte sich Zeit nehmen, um beispielsweise ganz bewusst an einer Blume zu riechen. Wer den aktuellen Moment genießt, lässt sein Gedankenkarussell für eine Weile ruhen. Ausgeblendet werden dann auch Ärger, Sorgen und andere negative Emotionen aus Beruf und Privatleben.

Achtsamkeitsübungen lassen sich gut in den Alltag integrieren. An einem Platz, an dem man sich wohlfühlt, sollten kleine Pausen eingelegt werden. Diese sollten dazu genutzt werden, sich für einen Moment nur auf den Atem und die körperlichen Empfindungen zu konzentrieren. Zu Beginn ist es noch schwierig, die kreisenden Gedanken einfach auszublenden. Aber auch hier gilt: Übung macht den Meister!

Eigene Bedürfnisse reflektieren

Kontinuierliche Grübeleien mit Fragestellungen wie „Was wäre passiert, wenn …?“ oder „Warum habe ich nicht …?“ sind wahre Energiekiller und führen in eine negative Gedankenspirale ohne eine Problemlösung. Um sich hieraus zu befreien ist Selbstreflexion wichtig.

Bei der Selbstreflexion wird die Aufmerksamkeit kurzfristig weg von dem erschöpfenden Gedankenchaos hin zu einer Aktivität gerichtet. Hierfür bieten sich kleine Spaziergänge, nette Plaudereien oder Baselarbeiten an. Diese simplen Tätigkeiten lenken kurzfristig ab und verschaffen eine Gedankenpause. Diese kleine Auszeit kann für einen Moment helfen. Auf langfristige Sicht muss man sich aber mit den eigenen Emotionen auseinandersetzen. Selbstreflexion ist die bewusste Wahrnehmung und Beobachtung der eigenen Gedanken, Gefühle, Bedürfnisse und Handlungen. Diese werden auf eine bestimmte Situation bezogen hinterfragt und analysiert. Ziel der Selbstreflexion ist das Erkennen von Problemen und Kreieren von Veränderungen.

Belastung hinterfragen

Um eine Überlastung zu verhindern oder abzubauen, muss man erst einmal wissen, was wirklich belastet. Es ist nicht immer die Pflege, die als Belastung wahrgenommen wird. Oft kommen andere Faktoren hinzu, die bedrücken und belasten. Menschen agieren häufig nach verinnerlichten Gedankenmustern. So wird uns beispielsweise schon früh das schlechte Gewissen „beigebracht“, das manchmal einfach gar nicht nötig ist. Gleiches gilt für die Erwartungshaltung, die man an sich selber stellt und auch nicht davon abweichen will. Wir wollen alle Stärke demonstrieren und Schwächen verbergen, was uns jedoch nicht gut tut. Und um diese zunehmenden Belastungen auszugleichen, muss man sich selbst hinterfragen.

Freundlicher Blick auf das große Ganze

Selbstfürsorge in der Pflege: Positiver Blick auf das Große GanzeNegative Gedanken und schlechte Laune sind in einem gewissen Umfang normal. Ufert das Ganze aber aus, ist das Wohlbefinden gefährdet. Das menschliche Gehirn reagiert stärker auf Negativität als auch Positivität. Dies liegt an der kontinuierlichen Überlastung in unserem Privat- und Berufsleben, was nicht ausreichend durch Erholung ausgeglichen wird. Wir sind süchtig nach Anerkennung und Perfektion, was unnötig Druck und Stress erzeugt.

Ein Ausgleich kann durch gute Gedanken erzielt werden. Sich mit Positivem zu befassen bringt auch positive Gefühle mit sich. Durch diese kleine mentale Auszeit werden Wohlfühlbotenstoffe wie Endorphine oder Dopamin ausgeschüttet. Durch die positive Verstärkung werden negative Gedanken relativiert. Optimismus und Dankbarkeit lassen Alltagsroutinen in einem anderen Licht erscheinen. Interpretieren wir eine vermeintlich negative Situation positiv, wirkt sich das auch auf unsere Motivation und Leistungsfähigkeit aus. Eine ausgeglichene und gelassene Einstellung lässt uns besser und relativer mit Stresssituationen – und mit anderen Menschen umgehen. So profitiert demnach jeder von dem Grundsatz „Think positive!“.

Vorwürfe in Wünsche umformulieren

Im Pflegealltag kommt es oft zu Auseinandersetzungen und Streitigkeiten, die zusätzlich belasten können. Oft werden Vorwürfe wie „Du hast ein falsches Mittagessen gemacht!“ geäußert. Hier sollte verstanden werden, dass Vorwürfe immer verdeckte Wünsche sind. Hinter dem vorerwähnten Beispiel steckt der Wunsch, dass sich der Pflegebedürftige eine andere Speise gewünscht hat. Und da sich geäußerte Wünsche immer freundlicher anhören als Vorwürfe, sollte dies im alltäglichen Umgang Berücksichtigung finden. Fängt man selbst an, die Vorwürfe durch Wünsche zu ersetzen, färbt dies auch auf die direkte Umgebung ab, was mehr Harmonie in den sozialen Alltag bringt.

Zeit für sich selbst nehmen

Je stressiger sich der Pflegealltag gestaltet, desto wichtiger ist die sogenannte „Me-Time“. Diese regelmäßigen Auszeiten machen pflegende Angehörige ausgeglichener und sorgen für neue Energie. Wer sich Zeit für sich selbst nimmt, der kommt seiner Selbstfürsorge nach.

Hier ist es ratsam, bei der Me-Time zu tun oder zu lassen, was man möchte. Die für sich selbst reservierte Zeit kann genutzt werden, um vom Alltag abzuschalten. Es ist aber auch möglich, durch Entspannungsübungen gezielt Stress abzubauen. Bewusstes Abschalten bedeutet aber auch, das Smartphone zur Seite zu legen und soziale Medien sich selbst zu überlassen. Durch die regelmäßige Me-Time ist man wieder mehr bei sich, kann neue Einsichten gewinnen und mehr Lebensfreude entwickeln. Pausen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern zeigen den Willen zur gesunden körperlichen und psychischen Selbstfürsorge.

Um regelmäßig Zeit für sich selbst „freizuschaufeln“, kann es helfen,

  • einen Kalender zu benutzen, in dem feste Me-Times eingeplant und verbindlich eingetragen werden
  • sich kleine Ziele zu setzen und den Druck rauszunehmen, was schon durch kleine Auszeiten im Alltag erreicht werden kann
  • Grenzen zu setzen, wenn andere Menschen Zeit und Energie rauben wollen
  • Störquellen und Ablenkungen auszuschalten, was für Smartphones, Computer oder TVs gilt
  • Ruhezeiten spontan für Entspannungsübungen oder Pflegerituale im Bad zu nutzen, wenn gerade die Zeit dafür greifbar ist.

Bei der Me-Time ist es eigentlich gar nicht wichtig, was man in der Zeit macht. Es kommt darauf an, dass man sich selbst etwas Gutes tut und dabei die eigenen Wünsche und Bedürfnisse berücksichtigt.

Innehalten in wenigen Minuten

Wenn Stress und Überlastung überschwappen, sollte im Rahmen der Ersthilfe ein kleines Ritual eingeführt werden, wofür nur drei Minuten benötigt werden:

  • Im Moment sein und sich fragen, was genau jetzt in mir stattfindet.
  • Beachtung der Bedürfnisse und sich fragen, was ich genau jetzt brauche, um mich gehört und erfüllt zu fühlen.
  • Realitäts-Check und einschätzen, was wirklich und echt ist und wie die Situation betrachtet werden sollte.
  • Zielsetzung und Verantwortung dafür übernehmen, welcher Weg zielführend ist.
  • Worst-Case-Plan und über die Vorgehensweise nachdenken, die im schlimmstmöglichen Fall ideal erscheint.
  • Wünsche aussprechen und Vorwürfe vermeiden.
  • Wertschätzung für die beste Lösung kreieren und demonstrieren.

Fazit

Letztendlich dienen Selbstfürsorge und Achtsamkeit dazu, die Herausforderungen in der Pflege von Angehörigen auf lange Sicht zu meistern. Niemand kann genau sagen, was in der Zukunft auf einen pflegenden Angehörigen zukommt, sodass Ressourcen sinnvoll eingeteilt werden sollten. Wer früh beginnt, sich selbst nicht immer hintenan zu stellen, der kommt auch besser durch schwierige Situationen hindurch.

Hilfe anzunehmen ist kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil kann eine Unterstützung die Last ein wenig von den Schultern nehmen, damit man sich wieder etwas mehr auf das eigene Leben konzentrieren kann. Die Pflege eines Menschen kann schnell so viel Raum einnehmen, dass der ganze Rest „zu kurz“ kommt. Dies gilt es zu vermeiden.

Informieren Sie sich daher bei uns über unterstützende Konzepte wie die stundenweise Betreuung oder die 24 Stunden Betreuung.

Mehr Informationen über die 24 Stunden Betreuung

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