Kriminelles Verhalten durch Demenz?

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26.09.2025

Demenzerkrankungen sind mit Orientierungsschwierigkeiten und Gedächtnisverlust verbunden. Viele Demenzformen gehen auch mit Veränderungen der Persönlichkeit einher. Doch jetzt hat eine Metaanalyse des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften herausgefunden, dass bei einigen Demenzformen auch kriminelles Verhalten zum Krankheitsbild gehören kann. Ausgewertet wurden dabei 14 internationale Studien mit über 236.000 Betroffenen. Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, dass die Wahrscheinlichkeit für kriminelle Delikte und Straftaten im frühen Krankheitsstadium im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung bei Erkrankten höher ausfällt. In späteren Krankheitsphasen nimmt sie wieder ab und ist in späteren Stadien auf einem niedrigeren Niveau als in der Bevölkerung.

Demenzformen und Verhaltensvarianten

Das Risiko, kriminelles Verhalten zu entwickeln, liegt bei der Frontotemporalen Demenz besonders hoch. Nach der Metaanalyse zeigten mehr als die Hälfte der Erkrankten den Hang zu Gesetzesverstößen. Mit etwa 40 % schnitten auch Betroffene der semantischen primären progressiven Aphasie überdurchschnittlich hoch ab. Ganz im Gegenteil konnten derartige Auffälligkeiten nur bei 10 % der an der Alzheimer Krankheit erkrankten Patienten festgestellt werden. Mit weniger als 10 % fielen Betroffene mit Parkinson-Syndromen auf.

Unter den registrierten Auffälligkeiten fielen kleinere Verkehrsdelikte, Belästigungen und Diebstähle, aber auch aggressives Verhalten und Gewalttaten. Es ist davon auszugehen, dass kriminelles Verhalten bei Frontotemporaler Demenz von der Erkrankung selbst verursacht wird. Dies, zumal der Großteil der analysierten Patienten keine Vorstrafen hatten und nie kriminell auffällig geworden sind. Wenn Demenzkranke kriminell auffällig werden, unterscheidet sich das Verhalten also grundlegend von typischer Kriminalität, die bewusst oder sogar vorsätzlich praktiziert wird.

Wenn Menschen aufgrund von krankhaften Verhaltensänderungen gegen rechtliche, soziale oder gesellschaftliche Normen verstoßen, hat dies erhebliche Auswirkungen auf das soziale und familiäre Umfeld. Nicht zuletzt haben Ordnungswidrigkeiten und Straftaten rechtliche Konsequenzen.

Männer besonders gefährdet

Die Metaanalyse konnte eine weitere Erkenntnis gewinnen: An Demenz erkrankte Männer zeigen deutlich häufiger kriminelles Verhalten als betroffene Frauen. Nach der Krankheitsdiagnose kam es unter den Männern sogar viermal häufiger zu kriminellem Verhalten als bei den an Frontotemporaler Demenz erkrankten Frauen. Im Vergleich zu den an Alzheimer erkrankten Frauen sogar siebenmal häufiger. Die Gründe hierfür konnten noch nicht abschließend geklärt werden.

Es wird davon ausgegangen, dass die Veränderungen im Gehirn bei Frontotemporaler Demenz mit kriminellem Verhalten in Zusammenhang stehen. Auffällig gewordene Patienten wiesen im Temporallappen eine stärkeren Gewebeschwund auf, was eine Enthemmung begünstigen kann. Bei einer Enthemmung gehen die normalen Hemmschwellen in Verlust, was zu einer reduzierten Fähigkeit führt, eigene Impulse, Emotionen und Verhaltensweisen zu regulieren. Eine Enthemmung äußert sich in impulsivem Handeln oder in unangemessenen Verhaltensweisen.

Kriminelles Verhalten als Warnsignal für Demenz?

Zu den Erkenntnissen aus der Metaanalyse gehört, dass kriminelles Verhalten sogar ein frühes Warnsignal für eine Demenzerkrankung darstellen könnte. Wenn beispielsweise ein Mann im mittleren Alter erstmals ein kriminelles Verhalten zeigt, könnte dies ein Indikator für eine beginnende Demenzerkrankung sein. Dies könnte zwar eine frühe Diagnose und Therapie erleichtern, muss aber sensibel und sorgfältig beurteilt werden, bevor eine Stigmatisierung stattfindet. Viele der in der Analyse beurteilten Delikte waren geringfügig. Zu schweren Straftaten ist es nur in Ausnahmefällen gekommen. Dennoch kann es sein, dass das Rechtssystem zukünftig auch entscheiden muss, ob eine Straftat möglicherweise auf eine Demenzerkrankung zurückzuführen ist.

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