Pflegebegutachtung durch den Medizinischen Dienst oder MEDICPROOF

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20. November 2023

 Liebe Leserinnen und Leser!

Wenn Sie für sich oder für einen nahen Angehörigen einen Antrag auf Pflegeleistungen bei der gesetzlichen oder privaten Pflegeversicherung stellen, leitet die zuständige Pflegekasse eine Pflegebegutachtung ein. Wird der Antrag bei der gesetzlichen Pflegeversicherung gestellt, kommt ein Gutachter des MD (früher MDK) Medizinischen Dienstes. Bei privat Versicherten sind Gutachter der MEDICPROOF zuständig.

Durch die Pflegebegutachtung sollen generell drei Fragen beantwortet werden:

  • Liegt eine Pflegebedürftigkeit vor?
  • In welchem Umfang bzw. welchem Pflegegrad liegt die Pflegebedürftigkeit vor?
  • Bei Höherstufungsanträgen: Hat sich der gesundheitliche Zustand seit der letzten Pflegebegutachtung verschlechtert und in welchem Umfang?

In nahezu allen Fällen beeinflusst das Ergebnis der Pflegebegutachtung später den Umfang der Pflegeleistungen, weshalb eine gute Vorbereitung empfohlen wird. Nach der Antragstellung meldet sich die Pflegekasse innerhalb von drei bis vier Wochen und vereinbart den Gutachtertermin.

 

Vorbereitung vermeidet Nervosität

Nach Ankündigung des Gutachtertermins haben Antragsteller die Möglichkeit, den Termin zu verschieben, falls es zeitlich nicht passt. Am Tag der Begutachtung sollten keine weiteren Termine und Verpflichtungen stattfinden, damit kein Stress entsteht.

Damit bei der Begutachtung nichts Wichtiges vergessen wird, sollten Antragsteller, Angehörige oder Pflegepersonen bis zur Begutachtung ein „Pflegetagebuch“ schreiben, was auch unabhängig von der Pflegebegutachtung empfohlen wird. Festgehalten wird darin alles, was zu einem typischen Pflegetag gehört – beispielsweise die Hilfe beim Anziehen oder Unterstützung beim Toilettengang. Bei der Pflegebegutachtung sollte keine Angst oder Scham bestehen, offen über die Pflegesituation mit dem Gutachter zu sprechen. Wenn ein Höherstufungsantrag gestellt wurde, sollten die Aufzeichnungen auch beinhalten, was sich seit dem letzten Besuch des Gutachters alles verschlechtert hat.

Das NBA Neues Begutachtungsassessment

Zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Einteilung in einen Pflegegrad fokussieren sich die Gutachter des Medizinischen Dienstes oder von MEDICPROOF auf die Selbstständigkeit von Antragstellern. Hierfür werden sechs verschiedene Lebensbereiche anhand von Modulen analysiert. Es geht zum Beispiel darum, ob Antragsteller mobil sind, sich selbst versorgen können und wie es mit der Verständigung klappt. Darüber hinaus versucht der Gutachter, sich auch einen Überblick über die psychische Konstitution zu verschaffen; etwa in Bezug auf Aggressionen, Ängste oder Depressionen.

Typische Beispiele für Fragen in den einzelnen Modulen:

  • Mobilität: Können Antragsteller Treppen steigen? Wie sieht es der Fortbewegung in der Wohnung aus? Wird ein Rollator benutzt?
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Können sich Antragsteller orientieren? Wie steht es um die Verständigung mit anderen Menschen?
  • Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Sind Antragsteller oft traurig? Bestehen Ängste oder Aggressionen?
  • Selbstversorgung: Können sich Antragsteller Mahlzeiten und Getränke selbst zubereiten? Wie sieht es mit der Körperhygiene aus? Wird Hilfe beim Toilettengang benötigt?
  • Bewältigung und Umgang mit Krankheit und Therapie: Können Antragsteller verordnete Medikamente eigenständig einnehmen? Werden Therapien wahrgenommen?
  • Alltagsleben: Können Antragsteller ihren Tagesablauf selbst planen? Gibt es Freunde und Bekannte im Umfeld?

Bei der Pflegebegutachtung vergeben Gutachter in jedem Modul Punkte, die später mit einer unterschiedlichen Gewichtung zu einer Summe addiert werden. Die Gewichtung erfolgt, weil nicht alle Lebensbereiche gleich wichtig sind. Nach der Begutachtung spricht der Gutachter gegenüber der Pflegeversicherung eine Empfehlung aus, die sich an folgendem Punkteschema orientiert:

Pflegegrad Punkte Beeinträchtigung
1 12,5 bis unter 27 gering
2 27 bis unter 47,5 erheblich
3 47,5 bis unter 70 schwer
4 70 bis unter 90 schwerst
5 90 bis 100 schwerst + besondere Pflegean-forderungen

 

In der Regel folgen die Pflegeversicherungen bei der Einstufung in einen Pflegegrad (früher Pflegestufe) den Empfehlungen des Gutachters.

 

Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung

Eine Pflegebegutachtung dauert regelmäßig etwa eine Stunde. Es sollte dennoch mehr Zeit eingeplant werden, falls Verzögerungen auftreten. Pflegende Angehörige oder Pflegepersonen sollten bei der Begutachtung anwesend sein. Sie können über die aktuelle Pflegesituation informieren und berichten, damit beim Gutachten alle Perspektiven Berücksichtigung finden.

Vorab ist es auch hilfreich, wichtige Unterlagen und Dokumente bereitzuhalten, was Arztberichte, Entlassungsberichte vom Krankenhaus oder die Aufstellung verschriebener Medikamente betrifft. Auch sollten alle Pflegehilfsmittel in einer Aufstellung aufgelistet werden. Ist bereits ein professioneller Pflegedienst involviert, liegen zusätzliche Pflegedokumentationen vor, die dem Gutachter helfen können. Nicht zu vergessen ist hier jedoch das bereits erwähnte Pflege-Tagebuch.

 

Bewertung und Entscheidung verstehen

Bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und Einteilung in einen der fünf Pflegegrade geht es nach einem Punktesystem darum, wie selbstständig Antragsteller noch sind. Die Pflegebegutachtung stützt sich dabei auf die sechs erwähnten Module bzw. Lebensbereiche. Für ein besseres Verständnis kann es helfen, diese Module anhand der eigenen Notizen und Aufzeichnungen aus dem Alltag durchzugehen. Bei Fragen können Pflegestützpunkte weiterhelfen.

Angehörige sollten Pflegebedürftige über den anstehenden Termin zur Pflegebegutachtung unterrichten. Auch wenn sich dadurch eine Nervosität einstellen kann, ist dies für die Vorbereitung wichtig. Auch nach einem Widerspruch gegen eine Entscheidung der Pflegeversicherung kommt ein zweiter Gutachter ins Haus. Diesem sollte dann anhand des alten Gutachtens gezeigt werden, was nicht ausreichend berücksichtigt oder vergessen wurde.

 

Nichts beschönigen und nichts verschweigen

Bei der Pflegebegutachtung soll sich der Gutachter einen realistischen Einblick über den Pflegealltag machen können. Pflegebedürftige sollten also nicht extra hergerichtet werden, was auch für das Wohnumfeld gilt. Es muss nicht extra aufgeräumt werden, um zu „glänzen“. Dem Gutachter sollte vermittelt werden, wie der Alltag von Antragstellern wirklich aussieht. Nur dann bekommen Pflegebedürftige die Leistungen und Hilfsangebote, die ihnen zustehen. Auf der anderen Seite sollte dafür die Pflegesituation auch nicht schlimmer dargestellt werden, als sie wirklich ist.

Oft möchten Pflegebedürftige nicht zugeben, dass sie etwas nicht mehr alleine schaffen. Sie schämen sich, was bei der Pflegebegutachtung natürlich völlig fehl am Platz ist. Insbesondere Menschen mit beginnender Demenz versuchen lange, den Schein zu wahren und Defizite zu überspielen. Angehörige sollten nicht direkt beim Gespräch korrigierend eingreifen, sondern dem Gutachter im Anschluss darauf hinweisen. Es kann auch helfen, Antragsteller darum zu bitten, die betreffende Handlung alleine durchzuführen. Auch wenn es schwerfällt: Es geht bei der Pflegebegutachtung nicht um Vorführung oder Bloßstellung, sondern um die Darstellung einer realistischen Situation.

Gutachter sehen sich bei der Begutachtung auch das Wohnumfeld an, das ihnen auch gezeigt werden sollte. Bei steilen Treppen, hohen Einstiegen im Badezimmer oder niedrigen Betten kann der Gutachter dann auch Hilfsmittel empfehlen. Werden diese im Gutachten vermerkt, gilt dies automatisch als Leistungsantrag bei der Pflegekasse.

Häufig entscheiden Gutachter am gleichen Tag noch über das Ergebnis der Pflegebegutachtung. Das Gutachten wird an die Pflegekasse geschickt, die sich danach innerhalb von fünf Wochen nach Antragstellung melden muss. Bescheid und Gutachten werden per Post übermittelt. Wer mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht einverstanden ist, kann innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.

Wurde eine Pflegebedürftigkeit festgestellt und eine Einteilung in einen Pflegegrad vorgenommen, können Antragstellung ihre weitere Pflege, Betreuung und Versorgung planen. In der häuslichen Pflege hilft insbesondere das ab Pflegegrad 2 ausgezahlte Pflegegeld. Dieses kann beispielsweise dazu genutzt werden, die Kosten für eine 24 Stunden Betreuung zu reduzieren. Aber auch Entlastungsbeträge und andere Zuschüsse helfen bei der Finanzierung, über die Sie sich auf unserer Kostenseite informieren können.

Bis zum nächsten Mal und bleiben Sie gesund!

Ihr Team von

CareWork & SHD

Mehr Information über die 24 Stunden Betreuung

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