Validation in der Demenzpflege

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23. Februar 2023
Validation in der Demenzpflege

Bei der Validation handelt es sich um eine verbale sowie nonverbale Kommunikationstechnik, die sich auf die Beziehungsebene fokussiert. Das bedeutet, dass man sich auf das Erleben sowie die Gefühle seines Gegenübers konzentriert, diese respektiert und sich darin einfühlt.

Validation wird häufig im Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen empfohlen. In der Demenzpflege hat sich die Kommunikationstechnik etabliert, obwohl die richtige Einstellung gegenüber dementen Menschen fast noch wichtiger ist als die Umsetzung von Kommunikationstechniken. Im Umgang mit Demenzpatienten sollte vor dem Hintergrund der validativen Kommunikation der für die Erkrankung typische Rückzug in die Vergangenheit akzeptiert werden. Wer bei Menschen mit Demenz Validation anwendet, der urteilt nicht, sondern akzeptiert und achtet den älteren sowie dementen Menschen mit einem hohen Maß an Respekt und Wertschätzung.

 

Was bedeutet Validation in der Pflege?

Im Kern ist Validation eine Kommunikationsmethode oder Kommunikationstechnik, die auf mehreren verbalen sowie nonverbalen Konzepten basiert. Einfach ausgedrückt handelt es sich bei der validativen Herangehensweise um eine Anleitung zu einem menschlicheren Umgang mit alten und kranken Menschen. Dabei bedeutet Validation übersetzt so etwas wie „das Wertvolle finden“ oder „Gültigkeitserklärung“ und zielt darauf ab, Würde und Selbstwertgefühl des Gegenübers zu verstärken und bei der Bewältigung innerer Konflikte zu unterstützen.

Auf der anderen Seite kann Validieren aber auch als eine Art Gegenmaßnahme gegen unsere Gewohnheiten betrachtet werden, wie wir auf verwirrte oder an Demenz erkrankte Menschen reagieren und wie wir mit ihnen umgehen. Durch Anwendung der validativen Kommunikation werden wir dabei unterstützt, eine andere Perspektive einzunehmen, um unserem Gegenüber mit einer positiven Grundhaltung zu begegnen. Hieraus resultiert, dass sich beide Seiten besser fühlen und harmonischer miteinander umgehen können. Validieren empfiehlt sich sowohl für Betreuungs- und Pflegekräfte als auch für Angehörige in der Pflege und alle Menschen, die mit Senioren, Hochbetagten und Pflegebedürftigen in Kontakt stehen.

 

Wo wird Validation angewendet?

In erster Linie wird die validative Methode aktiv im Bereich der Altenpflege angewendet. Wer im Bereich der Pflege validiert, sammelt schnell Erfahrungen und nutzt Möglichkeiten der Weiterbildung. Validation kann nicht nur erlernt, sondern muss auch geübt werden, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Dennoch beschränkt sich das Validieren nicht nur auf Pflegekräfte, sondern empfiehlt sich für alle Menschen, die in Pflegeheimen oder Krankenhäusern arbeiten. Überall dort, wo mit älteren und kranken Menschen gearbeitet wird, kann validative Kommunikation zu einer Win-Win-Situation führen. Natürlich gilt dies auch im privaten Bereich, wenn es beispielsweise um den Umgang mit den hochbetagten Großeltern geht.

Wertschätzung der Erinnerungen von DemenzpatientenDie bekanntesten Techniken der Validation gehen auf Nicole Richard oder Naomi Feil zurück. Naomi Feil hat ihre Methoden des Validierens für Hochbetagte ab 80 Jahren mit einer spät einsetzenden Alzheimer Krankheit als Form der Demenz entwickelt. Für diese Patienten ist validative Kommunikation besonders wichtig, da hier auch die Aufarbeitung von Ereignissen aus dem Leben berücksichtigt wird. Glaubt ein dementer Mensch plötzlich, den bereits verstorbenen Vater zu sehen, kann dies nicht nur eine krankheitsbedingte Auswirkung darstellen, sondern auch einen Hinweis darauf, dass dieser Verlust eines Elternteils noch immer nicht vollständig aufgearbeitet werden konnte. Viele Menschen haben in ihrem Leben keine wirksamen Strategien entwickelt, wie mit Verlusten umgegangen werden kann. Diese Menschen profitieren besonders vom Validieren. Generell kann dies Menschen helfen, die

  • alt oder hochbetagt sind (über 80 Jahre)
  • in ihrem Leben ernsthafte Krisen geleugnet oder verdrängt haben
  • an überholten Rollen und Rollenbildern festhalten
  • in ihren Sinnen und mentalen Fähigkeiten beeinträchtigt sind
  • über eine eingeschränkte Gefühlskontrolle und Bewegungsfähigkeit verfügen
  • deren Kurzzeitgedächtnis mangelhaft arbeitet

Validative Techniken helfen Pflegepersonen und pflegenden Angehörigen dabei, alte Menschen zu akzeptieren und Gründe für ihr Verhalten zu erkennen. Die urteilsfreie und empathische Grundhaltung der Validation ist in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens hilfreich.

 

Ziele der Validation bei Patienten mit Demenz

Das Hauptziel der validativer Methoden in der Demenzpflege ist die Pflege der psychischen Dimension durch ein bestimmtes Verhalten. Validieren führt dabei dazu, dass

  • ein Gefühl von Sicherheit vermittelt wird
  • Anspanng und und Stress nachlassen oder vermieden werden
  • der Demenzkranke sich akzeptiert fühlt
  • Gefühle wie Zugehörigkeit und Geborgenheit spürbar werden
  • die persönliche Identität gewürdigt und unterstützt wird
  • sich eine Verbesserung in der Beziehungs- und Kontaktqualität einstellt

Grundsätzlich geht es bei der Validation darum, sich in die Welt des Demenzkranken hineinzuversetzen und zu versuchen, die Welt und das Leben durch dessen Augen zu betrachten. Dafür ist aktives Zuhören enorm wichtig, um die gedankliche Ebene des Gegenübers auch einnehmen zu können. Menschen mit einer Erkrankung wie Demenz werden durch validative Gespräche dort abgeholt, wo sie sich gerade befinden. Gefühle und Erlebnisse werden anerkannt, akzeptiert und respektiert. Dem Gegenüber wird in dieser Situation geholfen, seine Gefühle, Bedürfnisse und Ziele auszudrücken – und zwar in seinem ganz eigenen Tempo. Die eigene Persönlichkeit wird dabei zurückgestellt.

 

Anwendung der Validation

Validation nach Naomi Feil

Bei der Validation nach Naomi Feil werden folgende Grundsätze berücksichtigt:

  • Desorientierten Menschen wird nicht widersprochen, sondern versucht, sich auf ihre Welt einzulassen.
  • Angehörige lassen sich von Emotionen und Bedürfnissen des geistesabwesenden Menschen leiten, die signalisiert werden – aber nicht von deren Aussagen.
  • Mit desorientierten Menschen sollte man immer ruhig, verständlich, klar, eindeutig und wertschätzend kommunizieren.
  • Es werden die klassischen W-Fragen (wie, wann, wo, wer, was) bevorzugt. Warum-Fragen erfordern jedoch eine logische Erklärung, zu der verwirrte Menschen nicht in der Lage sind.
  • Verwirrte Menschen werden auf Augenhöhe angesprochen – nicht wie Kleinkinder.
  • Menschen mit Demenz muss ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt werden, um etwas Gesagtes zu verstehen.
    Im Gespräch werden kurze Sätze verwendet, die nur eine Mitteilung enthalten. Schachtelsätze sind verwirrend.
  • Durch Mimik, Gestik und Tonfall (nonverbale Kommunikation) kann ein Gespräch unterstützt werden.
  • Menschen mit Demenz merken, wenn ihnen etwas vorgespielt wird oder sie angelogen werden.

Naomi Feil definiert im Stadium des Aufarbeitens vier Phasen, in denen sich ältere und verwirrte Menschen befinden können. Der Übertritt von der einen Phase in die nächste Phase ist häufig mit einem weiteren Rückzug aus der Realität verbunden. In jeder dieser vier Phasen sind andere Validationstechniken empfehlenswert:

  • 1. Phase – mangelhafte Orientierung mit dem Gefühl, unglücklich zu sein: Das Gegenüber leugnet Emotionen und überträgt Konflikte aus der Vergangenheit auf gegenwärtige Personen. Hier hilft es, offene Fragen zu stellen, um die Gefühlslage des Gegenübers zu erkunden. Damit man richtig verstanden wird, können Fragen und Gesprächsinhalte umformuliert werden. Gibt es negative Emotionen, sollte nach dem jeweiligen Extrem oder aber dem Gegenteil gefragt werden. Um eine positive Grundstimmung zu erzeugen, kann man vergangene schöne Zeiten in Erinnerung rufen. So lassen sich auch bewährte Mechanismen der Bewältigung finden. Beispiel: Haben Sie so etwas früher schon einmal erlebt? Was hat Ihnen damals geholfen?
  • 2. Phase – Zeitverwirrtheit: Das Gegenüber kann Verluste nicht mehr leugnen und zieht sich weiter aus der Realität zurück. Personen und Gegenstände erinnern an die Vergangenheit. Emotionen wie Liebe, Trauer, Trennungsängste, Hass oder das Streben nach Identität stehen im Fokus. Wenn eine verbale Kommunikation noch möglich ist, sollten offene Fragen gestellt werden. Spricht das Gegenüber schon weniger, wird auf geschlossenen Fragen (Antwortmöglichkeiten ja/nein) ausgewichen.
  • 3. Phase – sich wiederholende Bewegungen: Sich immer wiederholende Bewegungsabläufe wie das Klopfen auf den Tisch oder Trippeln mit dem Fuß werden als Ausdruck von Emotionen verwendet und führen verwirrte Menschen in die Vergangenheit. Auch sich wiederholende Laute werden genutzt, um das Jetzt zu verlassen. Hier wird auf nonverbale Techniken zurückgegriffen, die das Spiegeln des Gegenübers beinhalten, was mit einem tiefen Blickkontakt verbunden werden kann. Freundliche Berührungen unterstützen die Kommunikation und vermitteln ein Gefühl der Geborgenheit. Häufig hilft auch Musik oder das Singen eines Lieblingsliedes des Menschen, um für eine positive Stimmung zu sorgen.
  • 4. Phase – Vegetieren: Diese Phase ist besonders bedrückend für alle Beteiligten. Der verwirrte Mensch verschließt sich komplett von der Außenwelt. Es werden keine Versuche mehr unternommen, die Vergangenheit zu verarbeiten. Wichtig sind verankerte Berührungen, Fürsorge und Anerkennung, um dem Menschen beizustehen. Langsame und liebevoll gesprochene Worte können das Selbstwertgefühl anheben. In der 4. Phase wird häufig zusätzlich mit Massagen oder Aromatherapien gearbeitet.
    Letztendlich erfolgt validatives Verhalten in allen Phasen so, als würde man „in den Schuhen des anderen“ gehen. Zum obersten Prinzip gehören deshalb die Grundsätze der Empathie, der Akzeptanz und der Authentizität.

Integrative Validation nach Nicole Richard

Die deutsche Psychogerontologin Nicole Richard verfolgt bei ihrer Methode der Validation einen leicht anderen Ansatz, da sie bei Demenzkrankheiten die hirnorganischen Veränderungen betrachtet. Deshalb geht sie nicht davon aus, dass Menschen mit Demenz ihre Lebenskrisen bewältigen können. Sie geht davon aus, dass Demenzpatienten die Welt lediglich noch in Bruchstücken wahrnehmen, nur noch auf Puzzleteile ihrer Vergangenheit zurückgreifen und Neues kaum noch aufnehmen können.

Nicole Richard sieht die Aufgabe des Validierens nicht in der Unterstützung bei der Bewältigung von unerledigten Lebensaufgaben, sondern in der Erleichterung ihres Schicksals. Hier soll die Validieren entlasten, nicht heilen.

In der Praxis unterscheiden sich die beiden Methoden nur leicht. Auch bei der integrativen Methode stehen Emotionen und Empathie im Zentrum. Bei dieser Form wird jedoch nicht versucht, durch Fragen das Bewusstsein des geistesabwesenden Menschen auf ungelöste Lebenskrisen oder Konflikte zu legen. Eher werden die noch verbliebenen Ressourcen genutzt, um die innere Erlebniswelt des Betroffenen zu erreichen. Zu diesen Ressourcen gehören:

  • Antrieb – Bewegung, Musikalität, Charme, Fürsorge, Ordnungssinn, Eigenwille
  • Gefühle – Emotionen von Menschen mit Einschränkungen in den kognitiven Fähigkeiten werden als Kompass betrachtet
  • Kontakte – Rückmeldungen

Die integrative Validation bedient sich in der Kommunikation der noch vorhandenen Ressourcen, um eine Beziehung zu kreieren und emotionale Sicherheit zu vermitteln.

 

Beispiele für Validation bei Menschen mit Demenz aus der Praxis

Ein an Demenz erkrankter 84-jähriger Mann lebt zu Hause mit seiner Betreuerin aus der 24 Stunden Betreuung von CareWork & SHD und möchte unbedingt zu seiner Mutter. Die Mutter ist jedoch schon lange verstorben. Statt zu sagen „Ihre Mutter ist tot.“ oder den Mann mit „Wir schauen später einmal, was wir machen können.“ zu vertrösten, ist es sinnvoller, hier nach der Validation auf den Menschen einzugehen. Durch die vorerwähnten Antworten und Vertröstungen werden Menschen mit Demenz nur noch aufgeregter und noch mehr verwirrt. Denn für den Mann ist das Gefühl, jetzt gerne zu seiner Mutter gehen zu wollen, völlig real. Wird ihm gesagt, dass seine Mutter tot ist, empfindet er dies als eine Lüge. Auch durch ein Vertrösten wird die Aufregung des Mannes nicht gedämpft.

Nach der Validation ist es sinnvoller, die Gefühle des Mannes als Realität anzuerkennen und zu akzeptieren. Eine Möglichkeit wäre es, mit dem Mann ein Gespräch über seine Familie zu beginnen. Dies demonstriert ihm, dass seine Wünsche auch ernstgenommen werden. Angehörige, die in die Pflege von Menschen mit Demenz eingebunden sind, sind in solchen Situationen ohne eine Ausbildung in der Validation völlig überfordert. Hier wäre es verständlich, dass es sehr schwer fällt, mit dem liebgewonnenen Menschen auf einer ganz anderen Ebene als gewohnt kommunizieren zu müssen.

Viele Betreuungskräfte und Pflegekräfte von CareWork & SHD wurden im Bereich der Validation geschult, da ein Großteil der 24 Stunden Betreuungen der Unternehmensgruppe in Haushalten stattfindet, in denen Menschen mit Demenz leben. Um hier auch zukünftig auf die damit verbundenen Herausforderungen gezielt eingehen zu können, wird Validation immer weiter geschult und angewendet. Denn auch in der Praxis und im Arbeitsalltag hat sich gezeigt, dass Validation für alle Beteiligten zu mehr Harmonie und Ausgeglichenheit führt.

 

Die Grenzen der Validation

Natürlich kann Validation nicht als Allheilmittel für den Umgang mit allen betroffenen Senioren, Kranken, Pflegebedürftigen und Demenzkranken betrachtet werden. Validation ist vorrangig für alte, verwirrte und desorientierte Menschen geeignet, die zum Beispiel unter der spät einsetzenden Alzheimer-Krankheit oder einer anderen Form der Demenz leiden. Bei Menschen mit anderen psychiatrischen oder neurologischen Krankheiten sowie einer früh einsetzenden Demenz sind Techniken der Validation eher nicht geeignet. Dies gilt auch, wenn Verwirrtheitszustände und Desorientierung durch Drogen, Alkohol oder Medikamente hervorgerufen wurden.

Manchmal muss man einfach akzeptieren, dass Menschen nicht mehr dazulernen (können). Es gibt Tage, da hören spezielle Verhaltensweisen auf oder werden seltener. Das ist aber nicht immer der Fall. Je mehr gegen ein Verhalten angekämpft wird, desto eher wird dieses Verhalten noch bestärkt. Es sollte einer desorientierten Person nicht verboten werden, ihre Gefühle durch ein Verhalten zu äußern. Auch rationale Erklärungen werden nicht zu einer Verhaltensänderung führen. Am vorerwähnten Beispiel erklärt: Der Mann weiß auf seiner geistigen Ebene irgendwo, dass seine Mutter bereits verstorben ist. Die Eltern stehen nahezu immer für Sicherheit, Geborgenheit und Zuneigung. Im Umgang mit ihm konzentriert man sich also besser darauf, sein Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit zu stillen, wenn er nach seinen Eltern fragt.

Durch ein freundliches Gespräch mit seiner pflegenden Betreuerin über seine Familie konnte sich der Mann übrigens wieder entspannen, weshalb die CareWork & SHD auch weiterhin die Ausbildung in der Validation befürworten wird.

Mehr Information über die 24 Stunden Betreuung

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