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Sind Senioren im Straßenverkehr wirklich ein Risiko?

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Fast jeden Tag erreichen uns Meldungen von Verkehrsunfällen, in denen ältere Menschen verwickelt waren. Auch das statistische Bundesamt lässt verlauten, dass immer mehr Unfälle von Senioren verursacht werden. Aber rechtfertigen die Statistiken den immer lauter werdenden Ruf der Öffentlichkeit nach Führerschein-Nachprüfungen oder anderen Konsequenzen für ältere Fahrzeugführer?

Was viele bei der Betrachtung der Lage verdrängen ist der Einfluss des demographischen Wandels (Demographie). Dank moderner Medizin und durchdachten Versorgungsmöglichkeiten leben Menschen heute schlicht länger als früher. Darüber hinaus werden weniger Kinder geboren, weil sich die Lebenseinstellung vieler junger Menschen grundlegend verändert hat. Der demographische Wandel beschreibt also nichts anderes, als dass der Anteil der älteren Bevölkerung kontinuierlich wächst. Schon heute machen Senioren etwa 21 % der Gesamtbevölkerung aus. Wenn also die Bevölkerung generell älter geworden ist, macht es auch Sinn, dass das Alter von Unfallbeteiligten ansteigt. In etwa nur 15 % aller registrierten Verkehrsunfälle sind nach den Statistiken Senioren beteiligt.

Nicht pauschalisieren, aber aufpassen

Auch wenn ein Teil der Zahlen auf den demographischen Wandel zurückzuführen ist, birgt das Alter im Straßenverkehr doch etwas Risikopotenzial. Im Alter lässt naturgemäß die allgemeine Leistungsfähigkeit nach und auch für die Teilnahme am Straßenverkehr existenzielle Sinne wie Hören oder Sehen können schwächeln. Mit der Geriatrie widmet sich eine ganze medizinische Fachrichtung den typischen Alterserkrankungen. Die geriatrische Medizin erfreut sich nicht nur wachsender Beliebtheit, sondern ist auch sehr erfolgreich. Es scheint daher nicht richtig zu sein, Senioren am Steuer zu pauschalisieren und zu sanktionieren; beispielsweise durch die Einführung eines verpflichtenden Fahrtauglichkeitstests ab dem 60. Lebensjahr. Letztendlich ist nicht jeder Senior automatisch auch fahruntüchtig.

Nicht das Lebensalter entscheidet über die Fahrtüchtigkeit, sondern eher der Gesundheitszustand. Dieser sollte generell in regelmäßigen Abständen überprüft werden, damit potenzielle Konsequenzen daraus gezogen werden können. Werden bei einem Gesundheits-Check nämlich Einbußen bei der Reaktionsfähigkeit, der Beweglichkeit oder der Sehkraft festgestellt, wird das Führen eines Kraftfahrzeuges völlig unabhängig vom Alter zum Risiko. Nicht unterschätzt werden dürfen auch Nebenwirkungen von Medikamenten, die das Fahrverhalten nachhaltig beeinträchtigen können.

Mit steigendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, den Anforderungen des Straßenverkehrs nicht mehr gerecht zu werden. Hier sollten ältere Menschen in sich gehen und lernen, sich diese Schwäche einzugestehen und zur Vermeidung von Unfällen etwas dagegen zu unternehmen. Auch Angehörigen fällt es sicherlich nicht leicht, den Eltern oder Großeltern erklären zu müssen, dass sie von einer Fahruntauglichkeit ausgehen. Und dennoch muss sich jeder vor Augen halten, dass eine Fahruntauglichkeit nicht nur den betreffenden Menschen selbst, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet. Ist eine Fahruntauglichkeit vorhanden, sollte sich niemand mehr selbst hinters Lenkrad setzen.

Routine senkt das Unfallrisiko

Senioren verfügen häufig über eine langjährige Fahrroutine. Diese kann einerseits problematisch werden, wenn sich der ältere Fahrer in seinen Fähigkeiten überschätzt, andererseits aber auch hilfreich sein, Gefahrensituationen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden. In der Regel fahren ältere Menschen eher vorausschauend und passen ihren Fahrstil der jeweiligen Situation an. Was jüngere Fahrer oft nervt: Ältere Menschen fahren vorsichtig, eher langsam und achten auf die Einhaltung von Sicherheitsabständen. Dies tun sie aber, weil sie selbst erkannt haben, dass potenzielle Defizite vorhanden sind. Durch die vorsichtige Fahrweise versuchen sie, diese auszugleichen.

Und dennoch liegt bei älteren Fahrern die Erteilung des Führerscheins häufig viele Jahre zurück. In der Zwischenzeit haben sich viele Verkehrsregeln und Vorschriften geändert, weshalb eine Auffrischung oder auch ein Fahrsicherheitstraining nie schaden kann. Zahlreiche Fahrschulen bieten entsprechende Stunden und Kurse an.

Einfluss des Alters auf die Fahrtauglichkeit

Durchschnittlich 90 % aller Sinneseindrücke werden über sie Sehkraft wahrgenommen. Die uneingeschränkte Funktion der Augen ist daher im Straßenverkehr unerlässlich. Ist das Sehvermögen vermindert, steigt das Unfallrisiko. Insbesondere die Augen sind jedoch dem Alterungsprozess ausgesetzt, weshalb mit zunehmendem Alter eine regelmäßige Überprüfung und ggf. Korrektur der Sehkraft notwendig ist. Ab dem 50. Lebensjahr sollte alle zwei Jahre und ab dem 60. Lebensjahr jedes Jahr eine Kontrolle durch den Augenarzt vorgenommen werden.

Das Hörvermögen nimmt bereits ab dem 30. Lebensjahr ab, während sich in der Regel eine altersbedingte Schwerhörigkeit erst ab dem 70. Lebensjahr einstellt. Auch wenn das Gehör im Straßenverkehr eher eine untergeordnete Rolle spielt, kann es bei Einschränkungen zu Problemen kommen. Dies gilt insbesondere, wenn Senioren als Radfahrer oder Fußgänger unterwegs sind und beispielsweise Hupen und Sirenen nur noch eingeschränkt wahrgenommen werden. Ein erster Hinweis auf die Beeinträchtigung des Hörvermögens kann sein, wenn in Gesprächen häufiger nachgefragt werden muss oder einem Gespräch in geräuschvoller Kulisse nicht mehr gefolgt werden kann. Zusätzlich zum Besuch eines HNO-Arztes ist es sinnvoll, beim Fahren auf Musik zu verzichten und zur Sicherheit verstärkt die Fahrzeugspiegel zur Beobachtung der Umgebung zu nutzen.

Nicht zuletzt unterliegt auch der Bewegungsapparat altersbedingten Einschränkungen, die zu einer Gefährdung im Straßenverkehr führen können. Dies geschieht beispielsweise dann, wenn wegen Nacken- oder Rückenschmerzen der Blick in den Spiegel erschwert wird. Sind die Arme, Beine, Hüfte oder Füße nicht mehr voll beweglich, werden Bremsmanöver und andere ein rasches Handeln erfordernde Situationen erschwert. Damit die körperliche Bewegungsfähigkeit so lange wie möglich erhalten bleibt, sollte ein gezieltes Ganzkörpertraining mit Mobilisationsübungen in Erwägung gezogen werden. Darüber hinaus muss im Fahrzeug auf eine optimale Einstellung von Rückenlehne und Fahrersitz geachtet werden, damit sowohl Lenkrad als auch Pedale bequem erreichbar sind.

Letztendlich lässt im Alter die mentale Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit ab. Insbesondere dann, wenn hohe Geschwindigkeiten ein schnelles Reaktionsvermögen erfordern, kann dies zum Problem werden. Ältere Fahrer sollten daher darauf achten, dass sie sich nicht ablenken lassen und ihr Gedächtnis aktiv halten. Unterstützt wird dies beispielsweise durch das Lesen von anspruchsvollen Büchern, Rätsel und Gedächtnisaufgaben.

Sicher mit Begleitung

Wenn alterstypische Gesundheitsbeeinträchtigungen trotz Präventionsmaßnahmen, medikamentöser Behandlung oder anderer Therapien nicht mehr aufzuhalten sind, müssen ältere Menschen sich eingestehen können, dass sie durch das Führen eines Fahrzeugs sich selbst und auch andere gefährden. Ist diese Einsicht nicht vorhanden, sollten Angehörige behutsam vermittelnd involvieren.

Es gibt dennoch zahlreiche Möglichkeiten, mobil zu bleiben. Fahrdienste werden mitunter von der Krankenkasse bezahlt, Familienangehörige können mit in die Fahrplanungen einbezogen werden und auch die öffentlichen Verkehrsmittel sind eine gute Option.

Wenn aber die gesundheitlichen Beeinträchtigungen so weit fortgeschritten sind, sollte generell über die Möglichkeit einer Betreuung nachgedacht werden. Dies, zumal nicht nur im Straßenverkehr Gefahrenquellen lauern. Nicht umsonst heißt es immer wieder, dass die meisten Unfälle im Haushalt geschehen.

Das Konzept der sog. 24 Stunden Betreuung sieht über die hauswirtschaftliche Versorgung beispielsweise auch vor, dass die Betreuerin ihren Schützling zum Arzt begleitet und auch für Spaziergänge, Erledigungen und andere Freizeitangebote zur Verfügung steht. Nach dem Grundsatz der aktivierenden Pflege versucht sie, durch geregelte Abläufe, wiederkehrende Übungen und viel Motivation die Fähigkeiten ihres Schützlings so lange wie möglich zu erhalten. Hierzu gehören mitunter auch kleine Spaziergänge sowie Gesellschaftsspiele, um Körper und Geist in seiner Leistungsfähigkeit zu unterstützen. Durch eine umfangreiche Versorgung und Betreuung können Unfallrisiken erheblich reduziert werden.